Klimawandel
Eine anthropogene Beeinflussung der Klimaerwärmung gilt als ebenso erwiesen wie der Klimawandel selbst. Dieser manifestiert sich in Mitteleuropa in höheren Jahresmitteltemperaturen, in trockeneren Sommern, in einer ungleichmäßigeren Verteilung der Niederschläge und im Auftreten von Extremereignissen wie Orkanen oder Hochwassern.
Auch auf die Tier- und Pflanzenwelt hat der Klimawandel bereits beträchtlichen Einfluss. Dieser Einfluss kann sowohl positiver als auch negativer Natur für die jeweilige Art oder das jeweilige Ökosystem sein. Zahlreiche Schmetterlingsarten konnten ihre Arealgrenzen in Richtung Norden erweitern, da nun auch dort geeignete klimatische Bedingungen herrschen. Einige Arten waren in der Lage das besiedelbare Habitatspektrum beispielsweise um Westhänge oder Fettwiesen zu erweitern, da durch die Klimaerwärmung auch in ehemals eher pessimalen Lagen nun geeignete mikroklimatische Verhältnisse herrschen. Eine Arealexpansion ging in einigen Fällen auch mit der Erweiterung des Wirtspflanzenspektrums einher. Einigen Arten war es nun möglich höhere Lagen besiedeln zu können. Viele Arten treten im Frühjahr früher auf oder können während der Vegetationsphase zusätzliche Generationen ausbilden, sodass aus ehemals univoltinen Arten nun polyvoltine wurden.
Neben diesen positiven Aspekten des Klimawandels dürfen die zahlreichen negativen Folgen nicht vergessen werden. Vor allem Arten mit arktisch-alpinem oder boreo-montanem Verbreitungsgebiet, die auf kühle und kontinental geprägte Klimate angewiesen sind, haben unter der Klimaerwärmung und der mit ihr einhergehenden schleichenden Atlantisierung des Klimas zu leiden. Viele Arten mussten Einbußen in ihren Vorkommen an den südlichen Arealgrenzen hinnehmen oder in höhere Lagen ausweichen. Vor allem stenotope Arten, die sehr spezielle Habitatansprüche besitzen, können dem Tempo der Klimaerwärmung nicht folgen und sterben regional durch Verinselung und fehlende Verknüpfung der Habitate aus. Deshalb ist ein gut ausgebildetes, großes Metapopulationsnetz die einzige Chance für Habitatspezialisten auf Umwelteinflüsse wie die Klimaerwärmung oder anthropogene Einflüsse wie Nutzungsänderungen reagieren zu können. Im Extremfall können isolierte Einzelpopulationen durch einmalig auftretende Ereignisse wie etwa extreme Hitzesommer (wie im Jahre 2003), lang anhaltende Trockenperioden oder Änderung des Mahdregimes aussterben.
Auch die Arten der Gattung Erebia gehören zu den boreo-montan verbreiteten Spezies. Viele Arten sind auf alpine oder kontinental geprägte Regionen (Alpen, Rocky Mountains, Fennoskandien, Sibirien) beschränkt. Dies macht sie für eine Klimaerwärmung und eine Atlantisierung des Klimas besonders anfällig. Es wird vermutet, dass die wechselhaften Winter mit Wärme- und Kältephasen über und unter dem Gefrierpunkt sowie die Wechsel zwischen Schneedecke und schneefreien Perioden zu einer wiederholten Aktivierung des Metabolismus der überwinternden Larven führen. Dadurch werden diese geschwächt, verbrauchen ihre Reserven und können die Winter nicht überstehen. Dies führt, über mehrere Jahrzehnte gesehen, zu einem starken Rückgang der Populationen in den warmen, tief gelegenen und eher atlantisch geprägten Regionen. In Baden-Württemberg ist diese Tendenz schon seit mehr als einem Jahrhundert zu beobachten und manifestiert sich im Aussterben von Erebia-Population in ganzen Naturräumen wie der nördlichen Oberrheinebene, dem Kraichgau, dem Stromberg/Heuchelberg-Gebiet, dem Tauberland, dem Nordschwarzwald, dem Albvorland oder Oberschwaben. Auch in anderen (Bundes-) Ländern (Rheinland-Pfalz, Sachsen, Bayern, Schweiz, Österreich) können diese Tendenzen beobachtet werden. Offen ist vor allem die Frage, ob dieser Rückgang primär klimatisch oder durch Nutzungsänderungen in tieferen Lagen (Hochwaldnutzung, Intensivierung) bedingt ist.