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Nordspanien 2022

(dieser Bericht ist in der Reptilia 164 in ähnlicher Form veröffentlicht und schließt an den Südspanien-Bericht an)

Und so waren Ines und ich nur wenige Tage später bereits wieder auf dem Weg nach Spanien, dieses Mal jedoch langfristig geplant und in den Norden, um dort an den Küstenregionen des Baskenlandes und weiter westlich nach der Iberischen Kreuzotter (Vipera seoanei) zu suchen.

Pyrenäen

Wir kamen nachmittags in Bilbao an und wollten gleich der durch eine Brücke mit dem Festland verbundenen Insel Gaztelugatxe einen Besuch abstatten, da dort ein ausgesetztes Vorkommen der Pityusen-Eidechse (Podarcis pityuensis) existiert. Leider stellten wir nach mühsamem Abstieg fest, dass die Brücke wegen Bauarbeiten geschlossen war und so mussten wir unverrichteter Dinge den Rückweg antreten. Unser erstes Ziel war der Großraum von Pamplona, wo wir u. a. nach Aspisvipern (Vipera apsis) suchen wollten, um danach weiter in die Pyrenäen vorzudringen. Unsere Suche am kommenden Morgen in den Hügeln am Stadtrand von Pamplona verlief allerdings trotz guter Witterung und geeignetem Gelände fast völlig ergebnislos, allein eine Blindschleiche (Anguis fragilis) konnten wir unter einem Brett entdecken. Etwas ernüchtert fuhren wir gegen Mittag tief in die Pyrenäen hinein, um einen Bach mit Vorkommen von Pyränen-Gebirgsmolch (Calotriton asper), Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) und Pyrenäenfrosch (Rana pyrenaica) aufzusuchen. Je höher wir kamen, desto kälter und unwirtlicher wurde die Witterung. Als wir endlich angelangt waren, war fast schon klar, dass wir in dieser Höhenlage deutlich zu früh im Jahr unterwegs waren. Und so war es dann auch - der reißende Bach transportierte große Mengen eiskalten Wassers aus der Schneeschmelze das Tal hinab, die Amphibien befanden sich wohl noch in der Winterruhe.

Trotzdem wollten wir nicht unverrichteter Dinge aus den Pyrenäen abreisen und versuchten daher am nächsten Morgen in von Rindern und Pferden beweidetem Gelände in der Nähe von Roncesvalles unser Glück. An kleinen Stillgewässern konnten wir bei morgendlicher Kälte mit Temperaturen um 5 °C immerhin Laich des Grasfrosches (Rana temporaria) und einige Fadenmolche (Lissotriton helveticus) beobachten. Die Sonne wärmte die Umgebung auf etwa 10 °C auf, aber es ging ein eiskalter, böiger Wind. Nach zwei Stunden intensiver Suche dann endlich in einer windstillen Nische unser erstes großes Erfolgserlebnis unserer Reise: Am Fuße einer Hecke lag ein Weibchen der Iberischen Kreuzotter, das gleich von zwei Männchen begehrt wurde. Während das eine Männchen offenbar bereits in Paarungsaktivitäten eingestiegen war, versuchte das zweite Männchen dieses zu verdrängen, was regelmäßig zu wilden Verfolgungsjagden führte. Ein beeindruckendes Schauspiel! In der nächsten windgeschützten Nische fanden wir noch ein weiteres Männchen von V. seoanei, das sich wohl gerade auf der Suche nach einem Weibchen befand. Die Iberische Kreuzotter kommt nur im äußersten Norden der Iberischen Halbinsel vor. Hier besiedelt sie ein Areal, das sich vom Nordrand der Pyrenäen im Osten bis hin zum äußersten Nordwesten Portugals erstreckt. Neben der gezackten Form existieren auch einfarbige Tiere sowie regional gestreifte Formen (Speybroeck et al. 2016). Entsprechend der Höhenlage und der klimatischen Gegebenheiten in den Pyrenäen fanden wir in den Weiden auch mehrere Individuen der hier eierlegenden Waldeidechse (Zootoca vivipara louislantzi), an trockenen Stellen waren auch Mauereidechsen (Podarcis muralis) unterwegs.

 

Landschaft in den Pyrenäen nördlich von Pamplona.

 

Beweidetes Kulturland in den Pyrenäen als Lebensraum der Iberischen Kreuzotter.

 

Unser erster Fund der Iberischen Kreuzotter (Vipera seoanei) war gleich ein Paarungsspiel zwischen Männchen und Weibchen.

 

In der Heckennische am rechten Bildrand wurden das Weibchen der Iberischen Kreuzotter und zwei konkurriende Männchen gefunden.

 

Portrait eines Männchens der Iberischen Kreuzotter.

 

Männchen der Iberischen Kreuzotter im Habitat auf der Suche nach einem Weibchen.

 

Die eierlegende Unterart der Waldeidechse (Zootoca vivipara louislantzi) war ebenfalls bereits früh im Jahr unterwegs.

 

Fadenmolche (Lissotriton helveticus) wanderten gerade an ihre Laichgewässer an.

 

Laichgewässer des Fadenmolchs und des Grasfroschs.

 

Auch in diesem feuchten Gelände waren Fadenmolche und Grasfrösche zu finden. 

 

Baskenland - Umgebung von Bilbao

Wir beschlossen die Pyrenäen aufgrund der noch sehr kühlen Witterung zu verlassen und orientierten uns in Richtung Bilbao, wo am Abend mit Paul ein weiterer Mitsucher zu uns stoßen sollte. Das bergige, bereits frühlingshafte Gelände, das einen mitteleuropäischen Eindruck vermittelte, lud zur Suche ein, allerdings begleitete uns ständig ein sehr starker, böiger Wind, der die Reptiliensuche schwierig machte. Wir versuchten trotzdem unser Glück und hatten dieses in einem brachgefallenen Hang, wo sich ein weiteres Männchen der Iberischen Kreuzotter trotz unwirtlicher Bedingungen sonnte. Auch Blindschleichen und einige Westliche Erzschleichen nutzten die wenigen Sonnenfenster, um sich aufzuwärmen. Am Abend saßen wir auf der Terrasse unserer Ferienwohnung, genossen Spaghetti und Rotwein, als wir auf die „Glockenrufe“ der Geburtshelferkröte aufmerksam wurden. Also liefen wir die Asphaltstraße entlang und konnten bei Dunkelheit tatsächlich drei Individuen der Art finden, die sich am Fuße einer Mauer aufhielten. Als Reproduktionshabitat könnte der Bach dienen, der das Tal durchfloss.

Am kommenden Morgen suchten wir bei guten Witterungsbedingungen die umgebenden, von Rindern beweideten Berghänge ab, die uns für Iberische Kreuzottern sehr geeignet erschienen. Jedoch konnten wir mit Ausnahme weniger Blindschleichen keine Reptilien finden, sodass wir gegen Mittag bereits recht frustriert waren, da wir uns von dem Gelände sehr viel versprochen hatten. Noch wollten wir aber nicht aufgeben und so versuchten wir unser Glück etwas weiter im Inland in einem ebenfalls extensiv von Rindern beweideten, gehölzreichen Gebiet. Wir brauchten nur wenige Meter zu gehen und schon lag die erste Iberische Kreuzotter bei sich nun langsam verschlechternden Witterungsbedingungen vor uns. Voller neuer Motivation suchten wir weiter und konnten insgesamt sechs Individuen finden. Ein Pärchen hatte es sich in einem Busch etwa 50 cm über dem Boden bequem gemacht. Die Witterung machte uns nun einen Strich in die Rechnung, es begann stärker zu winden und zu nieseln. Gezwungenermaßen setzten wir unsere Tour in Richtung Westen fort und hofften an der Küste auf Höhe der Picos de Europa auf besseres Wetter.

 

Hügelland an der Atlantikküste bei Bilbao - Lebensraum von V. seoanei.

 

Habitat der Iberischen Kreuzotter an der Atlantikküste bei Bilbao.

 

Männchen der Iberischen Kreuzotter auf der Suche nach einem Weibchen.

 

Portrait der Iberischen Kreuzotter.

 

Die Westliche Erzschleiche (Chalcides striatus) war ebenfalls im Hügelland um Bilbao verbreitet.

 

Sich bei windiger Witterung sonnende Westliche Blindschleiche (Anguis fragilis).

 

Abends konnten wir direkt in der Umgebung unserer Unterkunft mehrere Geburtshelferkröten (Alytes obstetricans) hören und beobachten.

 

Lebensraum der Geburtshelferkröte bei Bilbao; als Reproduktionsgewässer könnte der Bach in der Bildmitte dienen.

 

Habitat der Iberischen Kreuzotter im Hinterland von Bilbao. 

 

Weibchen der Iberischen Kreuzotter.

 

Kopula der Iberischen Kreuzotter.

 

Picos de Europa

Der Morgen begrüßte uns mit leichtem Nieselregen, trotzdem suchten wir beweidetes und von Lesesteinmauern durchsetztes Grünland direkt an der schroff abfallenden Atlantikküste auf. Nach und nach konnte sich die Sonne durchsetzen und die ersten Reptilien zeigten sich. Zuerst eine Westliche Smaragdeidechse (Lacerta bilineata), dann eine sich sonnende Schlingnatter (Coronella austriaca). Und nur kurz darauf ein weiteres Highlight: Wieder eine Iberische Kreuzotter, dieses Mal jedoch in der hier vorkommenden gestreiften Variante! Das Tier sonnte sich in einem windgeschützten Bereich am Saum einer Hecke. Im weiteren Verlauf konnten wir dann noch eine Blindschleiche, ein Pärchen von Bocages Mauereidechse (Podarcis bocagei) und ein weiteres, prächtiges Exemplar der Iberischen Kreuzotter beobachten, bis uns wieder der Regen einholte.

Die Wettervorhersage für die kommenden Tage war nur mit einem Wort zu bezeichnen: Nass! Also mussten wir uns andere Ziele setzen und von der Vipernsuche ablassen. Glücklicherweise hat der Norden Spaniens eine ganze Reihe interessanter Amphibien mit verschiedenen Unterarten des Feuersalamanders (Salamandra salamandra) zu bieten! Wir fuhren also etwas tiefer in die Picos de Europa hinein und suchten nach etwas abenteuerlicher Anfahrt einen tief eingeschnittenen Bachtobel nach dem Goldstreifen-Salamander (Chioglossa lusitanica) ab. Die ausschließlich im Nordwesten der Iberischen Halbinsel verbreitete Art erreicht hier ihre östliche Verbreitungsgrenze. Trotz intensiver Suche wollte uns allerdings kein Fund gelingen, dafür konnten wir zwei Exemplare der schön gelb gefärbten Unterart des Feuersalamanders Salamandra salamandra bernadezi finden. Am Ufer des Baches saß außerdem ein Spanischer Frosch (Rana iberica) und rettete sich mit einem Sprung ins kühle Nass vor uns. Der Spanische Frosch kommt ausschließlich auf der Iberischen Halbinsel vor und findet mit Italienischem Frosch (Rana italica) und Griechischem Frosch (Rana graeca) eng verwandte Arten mit vergleichbaren Habitatansprüchen in anderen Regionen Europas (Speybroeck et al. 2016).

Auch der nächste Tag begrüßte uns mit Regen und die Vorhersage für die folgenden Tage war nicht wirklich vielversprechend. Zur Nässe sollte sich auch noch ein Temperatursturz in Richtung Nullgradgrenze gesellen! Unverdrossen suchten wir daher erstmal weiter nach Salamandern und konnten an zwei Stellen die unwirklich anmutende Form „alfredschmidti“ finden, die sich deutlich von S. s. bernadezi unterscheidet. Die Tiere zeigten sich in den verschiedensten Färbungen von blassgelb über gräulich bis hin zu fleischfarben, teilweise deutlich gezeichnet, teilweise komplett zeichnungslos. Jedes Individuum war individuell gefärbt und es war eine Freude, diese spezielle Form zu betrachten. Sie wird derzeit trotz der auffälligen optischen Unterschiede nur als Variante von S. s. bernadezi angesehen, da ihr Verbreitungsgebiet von dieser Unterart vollständig umschlossen wird (Speybroeck et al. 2016). Der Goldstreifen-Salamanders blieb uns leider trotz enormer Anstrengungen beim Erklettern eines Bachtobels weiterhin verborgen und wir beschlossen, am kommenden Morgen einen letzten Versuch zu starten.

Der Wetterbericht bewahrheitete sich und bei eisigen Temperaturen stapften wir los, um einen in der Höhe liegenden Fundort des Goldstreifen-Salamanders zu erreichen. Dass in den Bergen das Wetter sehr schnell umschlagen kann, bekamen wir nun am eigenen Leib zu spüren, denn keine halbe Stunde später befanden wir uns mitten im Schneesturm. An eine ernsthafte Salamandersuche war nicht zu denken! Unverrichterer Dinge machten wir Kehrt und verschoben den Goldstreifen-Salamander auf unseren nächsten Besuch in Nordspanien. Man braucht ja auch Ziele und Motivationen für die Zukunft!

 

Von Rindern beweidete Küstenbereiche bei Llanes.

 

Lebensraum der Iberischen Kreuzotter an der Atlantikküste bei Llanes.

 

Gestreifte Iberische Kreuzotter an der Atlantikküste.

 

Weiteres, gestreiftes Exemplar der Iberischen Kreuzotter.

 

Auch die Schlingnatter (Coronella austriaca) kam im beweideten Gelände an der Atlantikküste vor.

 

Männchen der Westlichen Smaragdeidechse (Lacerta bilineata).

 

Fundstelle der Westlichen Smaragdeidechse und Lebensraum zahlreicher weiterer Reptilienarten an der Atlantikküste bei Llanes.

 

Sich sonnendes Pärchen von Bocages Mauereidechse (Podarcis bocagei).

 

Ein Männchen von Bocages Mauereidechse im Habitat.

 

Wintereinbruch in den Picos de Europa. 

 

Tief eingeschnittener Bachtobel in den Picos de Europa als Habitat des Spanischen Froschs.

 

Der Spanische Frosch (Rana iberica) erinnert im Erscheinungsbild an andere Bachfrosch-Arten.

 

Dieser Spanische Frosch hat sich mit einem Sprung ins Wasser geflüchtet.

 

Lebensraum von Salamandra salamandra "alfredschmidti" in den Picos de Europa.

 

Kontrastreich gefärbte Variante von S. s. "alfredschmidti".

 

Seitenansicht von S. s. "alfredschmidti".

 

Einheitlich gelb gefärbte Färbungsvariante von S. s. "alfredschmidti".

 

S. s. "alfredschmidti" im Habitat.

 

Eine subadulte Mittelmeer-Erdkröte (Bufo spinosus) als Beifang.

 

Die Unterart Salamandra salamandra bernadezi des Feuersalamanders.

 

Habitat von S. s. bernadezi in den Picos de Europa.

 

Umgebung von Léon - San Vitero

Da wir die kommende Woche nicht bei Regen und Schnee verbringen wollten, beschlossen wir, uns in Richtung Süden zu orientieren und hatten hierfür die Region um San Vitero an der portugiesischen Grenze auserkoren. Hier sollte es wenigstens 10 °C und Sonne geben. Die Wettervorhersage war korrekt und bei immer noch kühler, windiger, aber zugleich sonniger Witterung suchten wir in einem beweideten, von Lesesteinmauern durchsetzten Gelände, in dem ein Nachweis der Stülpnasenotter (Vipera latastei) verortet war. Zuerst konnten wir nur einige Guadarramae-Mauereidechsen (Podarcis guadarramae) und Iberische Wasserfrösche entlang eines Baches mit Kleingewässern entdecken, bis das Wenden eines Steins eine Überraschung für uns bereithielt: Darunter befand sich ein ausgewachsenes Exemplar der sehr eigentümlichen Maurischen Netzwühle (Blanus cinereus), die man nicht häufig zu Gesicht bekommt. Diese bis zu 28 cm lang werdende Doppelschleiche lebt sehr versteckt meist unterirdisch im Boden und ernährt sich dort von verschiedenen, bodenlebenden Wirbellosen (Langer 2019). Unter einem weiteren Stein dann noch eine neue Art auf unserer Reise: Drei sehr kleine Jungtiere der Girondischen Schlingnatter (Coronella girondica), die sich mithilfe der Bauchzeichnung leicht von der gewöhnlichen Schlingnatter unterscheiden ließen (Speybroeck et al. 2016).

Am folgenden Morgen war die Witterung weiterhin kalt, aber sonnig. Wir hatten uns ein abwechslungsreiches, von Büschen und Lesesteinmauern durchsetztes Gelände ausgesucht, das eine artenreiche Herpetofauna versprach. Rund um San Vitero wird nahezu die gesamte Landschaft beweidet. Um die Versorgung der Weidetiere mit Wasser während des Sommers sicherzustellen, wurden in regelmäßigen Abständen künstliche Wasserstellen geschaffen. Gleich in der ersten sahen wir einzelne Marmormolche (Triturus marmoratus) und Spanische Wassermolche (Lissotriton boscai) zum Luftholen an die Wasseroberfläche kommen. Weitab der Wasserstellen entlang der Lesesteinmauern fanden wir ein weiteres Jungtier des Marmormolchs und es sollte noch besser werden: Eine ausgewachsene, männliche Perleidechse (Timon lepidus) sonnte sich am Mauerfuß und unter Steinen fanden wir eine ausgewachsene Girondische Schlingnatter, eine adulte Kreuzkröte (Epidalea calamita) und eine Erdkröte. Die Perleidechse ist mit bis zu 90 cm Gesamtlänge die größte europäische Eidechse und sowohl auf der gesamten Iberischen Halbinsel als auch im südlichen Frankreich anzutreffen (Speybroeck et al. 2016). Unser Suchglück blieb uns an diesem Tag weiterhin treu: Es folgten ein leider schnell flüchtendes Exemplar der Westlichen Eidechsennatter und, wiederum unter einem Stein verborgen, eine adulte Vipernatter. Nur das eigentliche Objekt der Begierde, die Stülpnasenotter, blieb uns verwehrt. Am Nachmittag erkundeten wir noch die weitere Umgebung, aber trotz einiger interessanter Funde wie einer in Häutung befindlichen Vipernatter, einem Jungtier der Perleidechse oder zahlreicher Iberischer Wasserfrösche erfüllte sich die Hoffnung auf eine der am schwierigsten nachweisbaren Vipern des europäischen Kontinents nicht. Als die Dunkelheit angebrochen war, machten wir uns bei eisigem Wind und Temperaturen von 3 °C nochmals auf den Weg zu den Gewässern, was uns nach vorzüglichem Abendessen in einem gemütlichen Restaurant einige Überwindung kostete. Es sollte sich aber lohnen, denn mit Taschenlampe und Kescher bewaffnet konnten wir einige traumhaft gefärbte Marmormolche sowie einen männlichen Spanischen Wassermolch in einem der Gewässer fangen und genauer betrachten. Die bis zu 16 cm großen Marmormolche ersetzen im Nordteil der Iberischen Halbinsel und im südlichen Frankreich den bei uns heimischen Kammmolch (Triturus cristatus) (Speybroeck et al. 2016). Als in einem Kleingewässer aufgrund des Scheins der Taschenlampen mehrere Grünfrösche abtauchten, fiel uns noch ein etwas anders gefärbtes Exemplar auf und tatsächlich, es handelte sich um einen Iberischen Scheibenzüngler! Das waren besondere Eindrücke, die uns für kurze Zeit die eisigen Temperaturen vergessen ließen. An einem weiteren Kleingewässer hatten wir dann keinen Erfolg mehr - keine Molche, keine Frösche, nichts! Ganz zum Schluss dann des Rätsels Lösung: Am Gewäserrand lauerte ein Hecht auf Beute, die Amphibien hatten er und seine Artgenossen wohl bereits erfolgreich verspeist.

Der nächste Morgen zeigte sich wie die Tage zuvor - kalt, aber sonnig. Da wir im Flachland bisher kein Glück mit der Suche nach der Stülpnasenotter gehabt hatten, fuhren wir etwas in die Berge hinein, wo es diese Art nach Meinung der Einheimischen noch geben sollte. Beim ausgewählten Habitat handelte es sich um Blockschutthalden, die wir in guter Erinnerung in Verbindung mit Vipern hielten - sei es im Südschwarzwald (Aspisviper) oder im Etschtal in Südtirol (Hornotter). Die Sonne musste erst ihren Weg auf die westexponierten Halden suchen und wir scannten bestimmt zwei Stunden lang erfolglos alle Ecken und Winkel der Blockhalde ab. Am unteren Ende der Halde versuchten wir uns gerade einen Weg durch das dichte Gestrüpp zu bahnen, um weitere Schuttbereiche abzusuchen, als sich plötzlich im Schatten ein Zick-Zack-Band aus der Umgebung heraus schälte. Endlich hatten wir auch diese versteckt lebende Viper gefunden, dazu noch ein stattliches Männchen, das beim Fang in höchster Erregung seine Hemipenes ausstülpte. Die Stülpnasenotter kann bis zu 70 cm Länge erreichen und besiedelt neben großen Teilen der Iberischen Halbinsel auch Teile Nordafrikas. Auf der Iberischen Halbinsel treten zwei Unterarten auf: Im Nordteil ist die Nominatform verbreitet, während im Südteil die kontrastreich gezeichnete Unterart V. l. gaditana lebt (Speybroeck et al. 2016). Bei den Populationen bei San Vitero handelt es sich um die Nominatform. Nach ausgiebiger Fotosession suchten wir voller Motivation weiter, aber es sollte tatsächlich das einzige Exemplar an diesem Tag bleiben. Zum Nachmittag hin verschlechterte sich die Witterung weiter und es begann tatsächlich, zu schneien.

Am Folgetag wollten wir in der Umgebung des Lago de Sanabria nach Galans Gebirgseidechse (Iberolacerta galani) suchen, weshalb wir uns in der Nähe des Sees eine Unterkunft suchten. Verstärkter Schneefall am Abend, der die Landschaft mit einem weißen Tuch überdeckte, ließ jedoch arge Zweifel an unseren Plänen aufkommen, vor allem da die Fundorte der Art normalerweise in Höhenlagen zwischen 1.000 und 2.000 m NN liegen. Wir änderten also unsere Pläne und suchten nochmals die Blockhalden in der Umgebung von San Vitero auf, um in denjenigen Bereichen nach Stülpnasenottern zu suchen, die wir gestern aufgrund der dichten Vegetation nicht erreicht hatten. Es war weiterhin eisig kalt und in schattigen Ecken lagen Schneereste, sodass wir berechtigte Zweifel daran hatten, dass unsere Suche erfolgreich sein könnte. Doch nach längerer Suche konnten wir tatsächlich noch ein zweites Männchen finden, das das erste sogar noch an Körperlänge übertraf. Gegen Nachmittag, als sich die Sonne endlich durchgesetzt hatte und die Temperaturen für unser Empfinden warme 10 °C erreichten, konnten wir auf dem Rückweg im lichten Kiefernwald noch die Westliche Erzschleiche und den Westiberischen Sandläufer (Psammodromus occidentalis) als neue Art entdecken, jedoch nicht fotografisch dokumentieren.

 

Offene Macchia-Landschaft in der Umgebung von Leon.

 

Lebensraum der Maurischen Netzwühle in der Region bei San Vitero.

 

Die eigentümliche Maurische Netzwühle (Blanus cinereus).

 

Die Maurische Netzwühle hat sich um den Finger gewunden.

 

Aufsicht auf ein Jungtier der Girondischen Schlingnatter (Coronella girondica).

 

Sich sonnende Guadarramae-Mauereidechse (Podarcis guadarramae).

 

Sich sonnendes Männchen der Guadarramae-Mauereidechse.

 

Auf solchen Felsen war die Guadarramae-Mauereidechse anzutreffen.

 

 

Strukturreiches Kulturland bei San Vitero; Lebensraum zahlreicher Reptilien- und Amphibienarten.

 

Adulte Vipernatter (Natrix maura) am Ufer eines Gewässers bei San Vitero.

 

 

Adultes Exemplar der Girondischen Schlingnatter.

 

 

Adultes Männchen der Perleidechse (Timon lepidus).

 

 

Perleidechse im frühlingshaften Habitat.

 

 

Letztjähriges Jungtier der Perleidechse.

 

Junge Perleidechse im Habitat.

 

Adultes Exemplar der Kreuzkröte (Epidalea calamita).

 

Portrait der Kreuzkröte.

 

 

Zwei adulte Iberische Wasserfrösche (Pelophylax perezi).

 

 

Nachts an den Kleingewässern unterwegs: Der Iberische Scheibenzüngler (Discoglossus galganoi).

 

 

Männlicher Marmormolch (Triturus marmoratus) in Paarungstracht im Wasser.

 

 

Juveniles Exemplar des Marmormolchs an Land.

 

Männchen des Spanischen Wassermolchs (Lissotriton boscai).

 

Reproduktionsgewässer von Marmormolch, Spanischem Wassermolch und Iberischem Scheibenzüngler.

 

 

Habitat der Stülpnasenotter (Vipera latastei) im bergigen Hinterland von San Vitero.

 

Weiterer Habitatausschnitt der Stülpnasenotter bei San Vitero.

 

 

Kapitales Exemplar der Stülpnasenotter.

 

 

Im vorjährigen Laub ist die Stülpnasenotter gut getarnt.

 

 

Portrait der Stülpnasenotter.

 

 

Stülpnasenotter im Habitat.

 

Am zweiten Begehungstag nach Schneefall nachgewiesenes Exemplar der Stülpnasenotter.

 

 

Burgos

Unsere Reise näherte sich nun langsam dem Ende und wir übernachteten in nördlicher Richtung in Vitoria-Gasteiz, um an unserem letzten Suchtag nördlich von Burgos in der Hybridzone von Aspisviper und Stülpnasenotter unser Glück zu versuchen. Vor traumhafter Kulisse suchten wir vom frühen Morgen an, während die Nordhänge noch mit einer dünnen Schneedecke überzogen waren. Es brauchte nicht lange und wir konnten in einer windgeschützten Nische zwei Exemplare finden, die wir einmal der Aspisviper zuordnen und einmal als Hybriden zwischen Aspisviper und Stülpnasenotter einschätzen würden. Und die Nische hielt noch eine weitere Überraschung für uns bereit: Ein traumhaftes Männchen der Iberischen Smargdeidechse (Lacerta schreiberi), die uns bisher verborgen geblieben war. Die bis zu 40 cm lange Iberische Smaragdeidechse kommt ausschließlich auf der Iberischen Halbinsel und hier vor allem im nördlichen Teil vor. Hier ersetzt sie die Westliche Smaragdeidechse (Lacerta bilineata), die die Iberische Halbinsel nur im äußersten Norden erreicht (Speybroeck et al. 2016). Wir setzten unsere Suche den ganzen Tag über fort, aber es sollten keine weiteren Vipern mehr zum Vorschein gefunden. Offenbar waren die Tiere in dieser vergleichsweise kalten Region noch nicht richtig aktiv. Wenige weitere Iberische Smaragdeidechsen und eine Westliche Erzschleiche blieben daher unsere einzigen Funde.

Am Abend fuhren wir weiter in Richtung Bilbao. Am nächsten Morgen machten wir einen letzten Check in einem Habitat der Iberischen Kreuzotter in der Nähe des Flughafens, der aber nicht von Erfolg gekrönt war und danach ging bereits um die Mittagszeit unser Flieger zurück nach Stuttgart.

 

Landschaft bei Burgos; Lebensraum von Aspisvipern und Stülpnasenottern.

 

 

Eher an die Aspisviper (Vipera aspis) erinnerndes Individuum bei Burgos.

 

 

Obiges Exemplar im Habitat.

 

 

Möglicher Hybride zwischen Aspisviper und Stülpnasenotter bei Burgos.

 

 

Der Hybride im Habitat.

 

 

Sich sonnendes Männchen der Iberischen Smaragdeidechse (Lacerta schreiberi).

 

 

Diese Mauernische beherbergte zwei Vipern und ein Männchen der Iberischen Smaragdeidechse.

 

Fazit

In Summe haben wir während unseres Trips durchaus viele Arten gefunden und auch die Zielarten unserer Reise nachgewiesen. Die überwiegend kalte, windige und teils regnerische Witterung erschwerte jedoch die Suche sehr und machte den Nachweis der ein oder anderen Art unmöglich. Wir hätten niemals damit gerechnet, dass wir während eines Aufenthalts in Nordspanien von Ende März bis Anfang April die meiste Zeit frieren und mehrfach Schneefall erleben würden. Aus dieser Situation haben wir versucht, das beste zu machen. Eine Suche im Hochsommer bei 40 °C wäre auch nicht erfolgsversprechender gewesen. Beim nächsten Mal würden wir den Zeitpunkt der Reise etwa zwei bis drei Wochen später terminieren.

 

Artenliste

Deutscher Name

Wissenschaftlicher Name

Unterart

Anzahl

Feuersalamander

Salamandra salamandra

bernadezi

30

Fadenmolch

Lissotriton helveticus

 

8

Spanischer Wassermolch

Lissotriton boscai

 

3

Marmormolch

Triturus marmoratus

 

14

Geburtshelferkröte

Alytes obstetricans

almogavarii

3

Iberischer Scheibenzüngler

Discoglossus galganoi

galganoi

1

Mittelmeer-Erdkröte

Bufo spinosus

 

17

Kreuzkröte

Epidalea calamita

 

1

Grasfrosch

Rana temporaria

temporaria

1.500 L

Spanischer Frosch

Rana iberica

 

1

Iberischer Wasserfrosch

Pelophylax perezi

 

100

Westiberischer Sandläufer

Psammodromus occidentalis

 

3

Perleidechse

Timon lepidus

 

2

Westliche Smaragdeidechse

Lacerta bilineata

 

9

Iberische Smaragdeidechse

Lacerta schreiberi

 

3

Mauereidechse

Podarcis muralis

brogniardii

32

Guadarrama-Mauereidechse

Podarcis guadarramae

 

10

Bocages Mauereidechse

Podarcis bocagei

 

2

Waldeidechse

Zootoca vivipara

louislantzi

7

Westliche Erzschleiche

Chalcides striatus

 

10

Blindschleiche

Anguis fragilis

 

15

Maurische Netzwühle

Blanus cinereus

 

1

Schlingnatter

Coronella austriaca

acutirostris

1

Girondische Schlingnatter

Coronella girondica

 

4

Vipernatter

Natrix maura

 

2

Westliche Eidechsennatter

Malpolon monspessulanus

 

2

Iberische Kreuzotter

Vipera seoanei

seoanei

12

Aspisviper

Vipera aspis

aspis

1

Stülpnasenotter

Vipera latastei

latastei

3

Artenzahl

 

29

R = Rufer, L = Larve, H = Haut, T = Totfund

 

Literatur

Langner, C. (2019): Die Gattung Blanus - Doppelschleichen in Europa und rund ums Mittelmeer.  - elaphe 2019 (6): 22-27.

Speybroeck, J., Beukema, W., Bok, B. & J. van der Voort (2016): Field Guide to the Amphibians and Reptiles of Britain and Europe. - Bloomsbury, 432 S.

 

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