Südspanien 2022
(dieser Bericht ist in der Reptilia 163 in ähnlicher Form veröffentlicht)
Unverhofft kommt oft - und so
hatte ich von einem Tag auf den anderen die Möglichkeit in den Süden Spaniens zu
fliegen und fünf Tage nichts anderes zu tun, als nach Viechern zu suchen – eine
solche Chance muss man einfach nutzen! Ein Freund meines Kumpels Dominik hatte
es erwischt - Corona natürlich - und plötzlich war ein Platz im Flugzeug für
mich frei. Vom übersichtlichen Provinzflughafen in Memmingen flogen wir an einem
Abend Ende Februar nach Malaga.
Naturpark Los Alcornocales
Nach Erledigung der Formalitäten
(Mietwagen holen, zum Hotel fahren, dort schlafen) und herpetologisch
ausgehungert durch den langen, deutschen Winter, starteten wir am nächsten
Morgen voller Vorfreude auf spannende Beobachtungen in den nördlich von
Gibraltar gelegenen Naturpark Los Alcornocales. Die Witterung meinte es gut mit
uns, es war bedeckt bei 14 °C, zudem begann es während der Fahrt zu regnen -
perfekte Bedingungen für unseren ersten Stopp bei der eigentümlichen Unterart
des Feuersalamanders Salamandra salamandra
longirostris. Im Vergleich zu anderen Unterarten des Feuersalamanders
besitzt diese eine spitz zulaufende Schnauze, die ihr auch den
wissenschaftlichen Namen „longirostris“ (langschnäuzig) einbrachte (Speybroeck
et al. 2016). Doch auf dem Weg durch das Mittelgebirge lockte uns zuvor noch ein
idyllischer Wildbach an seine Ufer und bescherte uns die ersten Funde. Kleine
Iberische Wasserfrösche (Pelophylax perezi)
hüpften ins Wasser als wir sie am Ufer aufstöberten, die Reptilien allerdings
hatten sich aufgrund der kühlen Witterung zurückgezogen. Bei derartigen
Witterungsbedingungen existiert trotzdem noch eine Möglichkeit der
Reptiliensuche: Das Wenden von Steinen und Holz führte uns zuerst in die Welt
der Wirbellosen mit Funden des wehrhaften Gelben Mittelmeerskorpions (Buthus
occitanus) und der beeindruckenden Andalusischen Trichternetzspinne (Macrothele
calpeiana). Unsere Beharrlichkeit wurde belohnt: Unter einem Stein fanden
wir ein Männchen der Iberischen Mauereidechse (Podarcis
vaucheri) und bald darauf ein subadultes Exemplar der Kapuzennatter (Macroprotodon brevis). Die kleine Trugnatter zeigte uns ihr gesamtes
Abwehrrepertoire mit Scheinbissen und schnellen, windenden Bewegungen des
gesamten Körpers - beeindruckend! Die Iberische Kapuzennatter kommt nur im Süden
der Iberischen Halbinsel sowie im angrenzenden, nordwestlichen Afrika vor und
ähnelt sehr den beiden Schlingnatterarten (Coronella spp.), sodass wir tatsächlich zweimal hinschauen mussten (Speybroeck
et al. 2016). Die namensgebende Nackenbinde („Kapuze“) ist aber nur bei der
Iberischen Kapuzennatter vorhanden.
Danach ging es weiter zu den Feuersalamandern, Problem
nur: Es hatte zwischenzeitlich aufgehört zu regnen und am Feuersalamander-Spot,
obwohl in den höchsten Bereichen des Mittelgebirges gelegen, hatte es zu unserer
Überraschung überhaupt nicht geregnet! Das abfallende Gelände mit
wassergefüllten Klingenbächen und riesigen, von Epiphyten bewachsenen Korkeichen
verriet uns: Hier kann es durchaus auch mal feuchter sein. In einer Zisterne und
in einigen Auskolkungen der Klingenbäche stießen wir auf die ersten Larven des
Feuersalamanders. Wir waren an der richtigen Stelle! Die trockene Witterung ließ
uns aber leider keine andere Möglichkeit, als wiederum diverse Steine zu wenden.
Jedoch erfolglos - der Boden darunter war zu trocken und die Salamander hatten
sich wohl in größere Tiefen zurückgezogen.
Beweidete Lichtwaldbereiche (Dehesa) als Lebensraum der Kapuzennatter und der Iberischen Mauereidechse.
Erster herpetologischer Fund bei trüber Witterung: Iberische Mauereidechse (Podarcis vaucheri).
Die Kapuzennatter (Macroprotodon brevis) versteckte sich bei trüber Witterung unter einem Stein.
Aufsicht auf das adulte Exemplar der Kapuzennatter.
Die Andalusische Trichternetzspinne (Macrothele calpeiana) gehört mit bis zu 35 mm Körperlänge zu den größten Spinnen Europas.
Blich auf den Lebensraum von Andalusischer Trichternetzspinne, Iberischer Mauereidechse und Kapuzennatter.
Kleiner Waldbach im Naturpark Los Alconocarles als Reproduktionsort des Feuersalamanders (Salamandra salamandra longirostris).
Larve des Feuersalamanders in einem strömungsberuhigten Bereich.
Doñana-Nationalpark
Da hier nicht mehr zu holen war,
beschlossen wir, direkt zu unserem Hauptziel, dem Doñana-Nationalpark
an der Südwestküste Spaniens zwischen Huelva und Sevilla zu fahren. Der etwa 54
km² große Nationalpark ist mit den Schwemm- und Mündungsbereichen des Flusses
Guadalquivir Spaniens größtes Feuchtgebiet und gleichzeitig ein wichtiger
Lebensraum des stark bedrohten Pardelluchses. Kurz vor Einbruch der Dämmerung
trafen wir in der Gegend ein und beschlossen, noch schnell eine Fundstelle der
Iberischen Geburtshelferkröte (Alytes
cisternasii) zu besuchen. Diese sollte sich nach Dominiks Einschätzung
direkt neben der Straße befinden. Naja, direkt ist relativ und zwei Zentimeter
auf dem Smartphone-Desktop müssen nicht diesem Wert in der Realität entsprechen…
Nach etwa halbstündigem Fußmarsch durch rinderbeweidetes Gelände fanden wir die
Stelle: Ein langsam fließender Bach durchschnitt den sandigen und von einzelnen
Büschen durchsetzen Lebensraum. Zwischenzeitlich war es dunkel geworden und in
unserer Vorstellung lauerte hinter jedem Busch der gefürchtete spanische
Kampfstier. Doch die Dunkelheit hatte auch ihr Gutes, denn bald ertönten von
gefühlt überall her die melodischen Rufe der Iberischen Geburtshelferkröte, die
sich exakt wie die ihres mitteleuropäischen Verwandten
Alytes obstetricans anhörten. Die
Männchen sitzen am Eingang von kleinen Erdhöhlen und locken von dort aus die
Weibchen mit ihren Rufen an. Wir versuchten die Rufer zu orten und uns in der
Dunkelheit anzuschleichen. Unmöglich: Jedes Mal, wenn wir uns angenähert hatten,
verstummten entweder die Rufe oder sie ertönten doch wieder aus einer anderen
Richtung oder aus weiterer Entfernung. Wir vermuteten daher, dass die Männchen
aus oberflächlich verschlossenen Höhlen rufen, die dann kaum zu orten sind.
Im Fließgewässer tummelten sich
an strömungsberuhigten Stellen bereits größere Larven der Art und aus dem
Schilfröhricht rief ein einzelner Mittelmeer-Laubfrosch (Hyla
meridionalis). Erspähen konnten wir ihn jedoch nicht. Etwas entnervt von der
vergeblichen Suche liefen wir zum Auto zurück, fest entschlossen am kommenden
Tag unser Glück zu versuchen. Doch der Abend hatte noch eine Überraschung für
uns parat: Direkt vor unserem Auto - wie sollte es auch anders sein und warum
sind wir überhaupt zwei Kilometer durch die rinderdurchseuchte Dunkelheit
gewandert?! - kroch ein ausgewachsenes Exemplar der Treppennatter (Rhinechis
scalaris)! Die Art ist optisch das westliche Pendant der Vierstreifennatter
(Elaphe quatuorlineata) und kommt im Süden Frankreichs, auf der
Iberischen Halbinsel und Menorca vor. Während Adulttiere längsgestreift sind,
zeigen Jungtiere das namensgebende, treppenartige Zeichnungsmuster (Speybroeck
et al. 2016). Das wunderschöne Tier entschädigte uns dafür, dass wir unsere
beiden Hauptzielarten am ersten Tag nicht finden konnten.
Aus der Dunkelheit tönte von irgendwoher Motorengeräusch.
Es war der Besitzer der hier weidenden Rinderherde, der nun auf einem Quad
angefahren kam. Offenbar keineswegs irritiert von unserer Anwesenheit auf seiner
Rinderweide, versuchte er uns pantomimisch darzustellen, dass wohl ein oder zwei
seiner Rinder abhanden gekommen waren und ob wir sie gesehen hätten. Dominik,
der seine pantomimischen Fähigkeiten bereits bei früheren Reisen (s.
Reisebericht Griechenland) eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, hielt mit
einer schlängelnden Handbewegung am Boden dagegen. Das animierte den
Rinderhirten noch mehr dazu mit lauten „Muh, muh“-Rufen seine Rinder
nachzuahmen, während Dominik immer wieder die schlängelnde Hand bemühte.
Irgendwie pantomimierten wir aneinander vorbei und verabschiedeten uns
freundlich, aber leicht verwirrt in die Dunkelheit.
Zum Abendessen zog es uns in die
nahegelegene Stadt El Rocio - doch was war hier los? Hatte es uns per
Zeitmaschine in den Wilden Westen des 19. Jahrhunderts verschlagen? Wir staunten
nicht schlecht: Die Straßen bestanden aus Sand, in der vollständig rechtwinklig
angelegten Stadt gab es vor jeder der identisch aussehenden Häuserfassaden
Anbindebereiche für Pferde und deren Bewohner waren großteils mit dem Pferd oder
verschiedensten Kutschen unterwegs! Aus den Wohnungen drang Musik auf die
Straßen, überall wurden Volkslieder angestimmt und Anwohner jeden Alters saßen
in Gruppen auf Pferden zusammen und prosteten sich zu. Eine vollkommen
unwirkliche Szenerie! Standesgemäß verzehrten wir ein Steak mit Pommes und
machten uns gegen Mitternacht auf den Weg in unser Hotel im südlich von Huelva
gelegenen Ort Mazagón.
Nach kurzer Nachtruhe besuchten
wir am kommenden Morgen ein großflächiges Ruinengelände im Industrie- und
Hafengebiet von Huelva. Unzählige, auf dem Boden liegende Mauer- und Dachreste
verrieten uns, womit wir die kommenden Stunden verbringen würden: Dem Wenden von
eben jenen Mauer- und Dachresten. Immerhin versprach die unendliche Fülle
derartiger Gegenstände den ein oder anderen herpetologischen Fund. Unsere
Bemühungen wurden bald belohnt: Ein Jungtier des Algerischen Sandläufers (Psammodromus
algirus) verbarg sich unter einem Stück Dach. Wir setzten unsere schier
endlose Suche fort und stießen immerhin noch auf einige Exemplare des Iberischen
Walzenskinks (Chalcides bedriagai)
sowie auf eine frische Haut der Südwestiberischen Netzwühle (Blanus mariae). An den noch senkrecht stehenden Ruinenresten sonnten
sich einige Mauergeckos (Tarentola
mauritanica). Leider konnten wir keine der von uns erhofften Nattern, wie z.
B. die Hufeisennatter (Hemorrhois
hippocrepis) finden. Bereits auf dem Rückweg zum Auto schauten wir noch in
einen etwa 3 m tiefen Schacht. An dessen Grund lag eine Natter, die jedoch
bereits vor längerer Zeit das Zeitliche gesegnet hatte. Bei genauerer
Betrachtung handelte es sich tatsächlich um eine Hufeisennatter
- wie gerne hätten wir ein lebendes Exemplar
dieser traumhaften Art gefunden! Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.
Nach diesem etwas zähen Auftakt,
von dem wir uns mehr versprochen hatten, waren wir noch lange nicht müde und
setzten unsere Suche im Dünengelände zwischen Mazagón und
Matalascañas
fort. In sandigen Bereichen flitzten zwischen einzelnen Büschen zahlreiche
Eidechsen umher, die sich jedoch flink unseren Blicken entzogen. Mit viel Geduld
konnten wir nach und nach die einzelnen Arten identifizieren und einigermaßen
brauchbare Fotos schießen. Die häufigste Art war der Westiberische Sandläufer (Psammodromus
occidentalis), dessen Männchen in frischem Grün erstrahlten und auf den
ersten Blick an zu klein geratene Zauneidechsen erinnerten. Daneben hielten sich
einige Exemplare der Carbonell-Mauereidechse (Podarcis
carbonelli) im Dünengelände auf. Die Art ist insofern speziell, da sie nur
ein kleines Verbreitungsgebiet besitzt, das sich hauptsächlich auf die
Küstenbereiche im Süwesten Portugals beschränkt. Das Vorkommen im Doñana-Nationalpark
gilt als weiträumig isoliert (Speybroeck
et al. 2016). Nur einen kurzen Blick konnten wir dagegen auf die wenigen
Exemplare des Europäischen Fransenfingers (Acanthodactylus
erythrurus) erhaschen. Unsere geringe Hoffnung auf die Stülpnasenotter (Vipera
latastei gaditana), die ebenfalls im Dünengelände vorkommen sollte, blieb
unerfüllt.
Nach kurzem Eis-Stop an der Tanke
als Energieboost zog es uns gegen Nachmittag wieder zum rinderbeweideten Gebiet
nördlich von El Rocio. Wir hofften diesmal am Tage durch das Wenden von Steinen
auf ein Exemplar der Iberischen Geburtshelferkröte zu stoßen, deren Anwesenheit
uns bisher nur ihre Glockenrufe und Larven verraten hatten. Schnell fanden wir
erste juvenile Mauergeckos unter den Steinen, kurz vor Sonnenuntergang konnten
wir dann auch hier eine Iberische Kapuzennatter entdecken. Dieses Exemplar war
deutlich größer als das erste, das wir zu Beginn unserer Reise gesehen hatten.
Dabei blieb es vorerst - die Witterung war trocken und warm, Regen, der uns die
Amphibiensuche deutlich erleichtert hätte, war leider nicht in Sicht. Nach
schnellem Abendessen in El Rocio suchten wir bei Dunkelheit und starkem
Küstenwind in den Dünenbereichen nach dem Europäischen Chamäleon (Chamaeleo chamaeleon) - jedoch ebenfalls erfolglos.
Mit neuer Kraft und Motivation verbrachten wir den
folgenden Morgen mit der Suche nach der Stülpnasenotter in den Dünenbereichen -
leider auch das völlig ergebnislos. Wir brauchten nun dringend
Erfolgserlebnisse, um unsere Motivation aufrecht zu erhalten und so zog es uns
in die Süßwasser-Lagunenbereiche des Nationalparks südlich von El Rocio. Hier
kamen zumindest Vogelfreunde aufgrund der Vielzahl an Löfflern, Schnäblern,
Flamingos, Purpurhühnern und diversen Entenvögeln voll auf ihre Kosten. Uns
blieb dagegen nichts Anderes übrig, als uns mal wieder den Eidechsen zu widmen:
Neben einem adulten Exemplar des Algerischen Sandläufers konnten wir nun
immerhin einige Europäische Fransenfinger ablichten. Die Jungtiere dieser
äußerst aufmerksamen und scheuen Art zeichnen sich durch eine auffällige
Längsstreifung des Körpers aus.
Nach ausgiebigem Abendessen
starteten wir am späteren Abend einen letzten Versuch, die Iberische
Geburtshelferkröte doch noch zu entdecken. Die Luft war kalt und trocken und wir
befürchteten, dass die Männchen vielleicht gar nicht rufen würden. Doch schon
bald setzte sich Tau auf die Vegetation ab und erste Tiere begannen zu rufen.
Endlich entdeckten wir unser erstes ausgewachsenes Amphib unserer Reise - doch
es war keine Geburtshelferkröte, sondern eine Iberische Schaufelkröte (Pelobates
cultripes)! Die Art, die aufgrund der zu Grabschaufeln umfunktionierten,
inneren Fersenhöcker auch „Messerfuß“ heißt, ersetzt die auch bei uns heimische
Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) in
Südwesteuropa (Speybroeck
et al. 2016). Nach weiterer Suche konnten wir noch ein zweites Exemplar
entdecken, von den Geburtshelferkröten fehlte aber weiterhin mit Ausnahme der
zahlreichen, verborgenen Rufer jede Spur. Zurück am Hotel, das wir dieses Mal
mit Blick auf die Süßwasserlagune von El Rocio gewählt hatten, erwartete uns ein
beeindruckendes, ohrenbetäubendes Konzert des Iberischen Wasserfroschs und des
Mittelmeer-Laubfroschs.
Am folgenden Morgen nutzten wir
im Doñana-Nationalpark
ein letztes Mal die Morgensonne aus und suchten Steinmauern und von Rindern
beweidetes Halboffenland ab. Mit Ausnahme von ein paar Algerischen Sandläufern
und Mauergeckos war aber nichts mehr zu holen. Wir beschlossen daher, der
Trockenheit zu entfliehen und unser Glück für die letzten eineinhalb Tage
nochmals im Naturpark Los Alcornocales zu suchen und zwar in dem Bereich, in dem
es auf der Hinfahrt geregnet hatte.
Beweidetes, von einem Bach durchflossenes Gelände in der Nähe von El Rocio.
Larve der Iberischen Geburtshelferkröte (Alytes cisternasii) in einem strömungsberuhigten Bereich des Bachs.
Überraschende nächtliche Begegnung: Die Treppennatter (Rhinechis scalaris).
Weiter Blick auf das adulte Exemplar der Treppennatter.
Nachts aktives Exemplar der Iberischen Schaufelkröte (Pelobates cultripes).
Bei diesem Exemplar der Iberischen Schaufelkröte ist die kontrastreiche Rückenzeichnung gut zu erkennen.
Weiteres, dunkler gefärbtes Individuum der Iberischen Schaufelkröte.
Dieses Exemplar der Kapuzennatter fand sich an einer Aufschüttung im beweideten Bachtal.
Kapuzennatter im Habitat in der Abendsonne.
Der wehrhafte Feldskorpion (Buthus occitanus) begegnete uns immer wieder auf unserem Trip.
El Rocio - die Stadt der Reiter und Pferde.
Beweidete Ufer eines Binnensees am Ortsrand von El Rocio.
Weiterer Blick auf den Binnensee - Lebensraum des Mittelmeer-Laubfroschs (Hyla meridionalis) und des Iberischen Wasserfroschs (Pelophylax perezi).
Vielversprechendes Ruinengelände bei Huelva.
Jungtier des Algerischen Sandrenners (Psammodromus algirus).
Iberische Walzenskinke (Chalcides bedriagai) fanden sich unter den zahlreichen Versteckmöglichkeiten im Ruinengelände.
Portraitaufnahme des Iberischen Walzenskinks.
Auch Mauergeckos (Tarentola mauritanica) waren in Anzahl an den Ruinenresten unterwegs.
Weiterer Blick in das Ruinengelände; die Betonwand im Vordergrund diente einigen Mauergeckos als Sonnplatz.
Dünengelände zwischen Mazagón und Matalascañas.
Westiberische Sandläufer (Psammodromus occidentalis) erinnerten in ihrem Erscheinungsbild entfernt an unsere heimischen Zauneidechsen.
Portrait eines westiberischen Sandläufers.
Eine Rarität im Doñana-Nationalpark, die Carbonell-Eidechse (Podarcis carbonelli).
Sich sonnendes Männchen der Carbonell-Eidechse.
Sich sonnendes Weibchen der Carbonell-Eidechse.
Männchen der Carbonell-Eidechse im Habitat.
Lebensraum der Carbonell-Eidechse in den Dünen des Doñana-Nationalparks.
Dünengebiet am Rande einer Süßwasser-Lagune, Lebensraum des Algerischen Sandläufers und des Europäischen Fransenfingers.
Sich sonnender Algerischer Sandläufer.
Habitat des Europäischen Fransenfingers.
Subadultes Exemplar des Europäischen Fransenfingers mit charakteristischer Längsstreifung.
Ausgewachsenes Exemplar des Europäischen Fransenfingers; hier geht die Längsstreifung etwas verloren.
Sich sonnender Mauergecko am Rande des Doñana-Nationalparks.
Naturpark Los Alcornocales - Teil 2
Eine weise Entscheidung, wie sich
herausstellen sollte! Denn kaum hatten wir die Autobahn in der Nähe von Los
Barrios verlassen, tauchte vor uns ein offenes Deponiegelände mit zahlreichen
wassergefüllten Fahrspuren und Flachgewässern auf, die sich augenscheinlich
während der vergangenen Regenfälle frisch gefüllt hatten. Flach aufliegende
Steine und besonnte Ruderalböschungen vervollständigten das herpetologische
Paradies. Eine Kaulquappe und mehrere kurze Laichschnüre verrieten uns die
Anwesenheit von Amphibien, die allerdings bisher weder im Wasser noch unter den
Steinen aufzufinden waren. Dafür hatte ein großer Stein eine besondere
Überraschung für uns parat: Darunter lag eine ausgewachsene Hufeisennatter, die
sich nach Ergreifen heftig mit Bissen zur Wehr setzte. Die im südlichen Teil der
Iberischen Halbinsel, auf Sardinien und im nördlichen Afrika verbreitete, bis
1,9 m lang werdende Natter ist ein effizienter Jäger, der seine Beute aktiv
verfolgt (Speybroeck
et al. 2016). Nach ausgiebiger Fotosession, bei der das Tier zum Glück
überraschend entspannt blieb, entließen wir die elegante Schlange wieder in die
Freiheit. Angestachelt durch den Fund drehten wir weitere Steine, fanden aber
zunächst nur auffällig gelb-dunkelblau gefärbte Skolopender (Scolopendra
cf. cingulata) und Mauergeckos. Immer
wieder ertönten einzelne, schnarrende Laute, die wir Amphibien zuordneten. Für
uns war klar: Sollte die Suche bei Tage nicht erfolgreich sein, würden wir bei
Dunkelheit zurückkehren, um der Sache auf den Grund zu gehen. Unter einem
weiteren Stein an einer Böschung dann das nächste Reptil: Es handelte sich um
die Westliche Erzschleiche (Chalcides
striatus). Wie eine Blindschleiche lag sie unter dem Stein. Wir wollten sie
gerade gemütlich ergreifen, um sie für unsere Fotos besser zu platzieren, als
das Tier im Bruchteil einer Sekunde in einer Erdspalte verschwunden und nicht
mehr auffindbar war. Sehr ärgerlich, da es für uns beide ein Erstfund gewesen
wäre. Wenige Meter weiter ließ Dominik vor Schreck einen spitzen Schrei in
bester Soprantonlage ertönen: Direkt vor ihm hatte sich eine sich sonnende
Hufeisennatter aus der Vegetation gelöst und versuchte in ihr Versteck zu
entkommen. Wir fingen das kurz vor der Häutung stehende Tier und versuchten es
durch Abdeckung zu beruhigen. Dies war jedoch erfolglos, das Tier fand keine
Ruhe und wir ließen es ziehen, um es nicht noch mehr zu stressen. Ganz am Ende
unserer Tour durch die Deponie drehten wir einen letzten Gegenstand, darunter
eine weitere neue Art für unseren Trip: Ein ausgewachsenes Exemplar des
Europäischen Halbfingers (Hemidactylus
turcicus). Alle sonstigen, sehr zahlreich beobachteten Geckos waren bisher
Mauergeckos gewesen.
Wie zu Beginn unseres Trips war
unser Ziel im Naturpark, Feuersalamander der Unterart
Salamandra s. longirostris zu finden. Aufgrund des in dieser Gegend
vor drei Tagen gefallenen Regens erhofften wir uns nun bessere Chancen auf einen
Fund, auch wenn der Boden oberflächlich bereits wieder abgetrocknet war. Wir
besuchten eine Fundstelle ganz in der Nähe der Deponie, die nach Dominiks
Angaben wieder direkt an der Straße liegen sollte. Naja, fast direkt: Nach knapp
halbstündigem Fußmarsch, der uns wieder viele Beobachtungen von Algerischen
Sandläufern und Iberischen Mauereidechsen einbrachte, erreichten wir die Stelle.
Es handelte sich um einen tief eingeschnittenen Klingenbach im Wald, der noch
Wasser führte. Einige Larven in strömungsberuhigten Bereichen verrieten uns die
Anwesenheit der Salamander. Da der Boden trocken und Regen nicht mehr zu
erwarten war, drehten wir ein weiteres Mal diverse Steine und Baumstubben,
jedoch wiederum erfolglos. Also war klar, dass wir auch diesen Spot nochmals
nachts aufsuchen mussten, in der Hoffnung, dass adulte Exemplare unterwegs waren
oder sich Weibchen zum Absetzen von Larven an Wasser begaben.
Nach schnellem Abendessen im
Städtchen Los Barrios besuchten wir zuerst wieder die Deponie. Bereits vom Auto
aus war ein ohrenbetäubendes Konzert zu hören. Es handelte sich offenbar um eine
große Population des Iberischen Schlammtauchers (Pelodytes ibericus), die sich in den flachen Temporärgewässern
reproduzierte. Guten Mutes stiegen wir den Abhang in die Deponie herab und
suchten die Flachgewässer nach den zahlreich rufenden Männchen ab. Doch es war
ganz erstaunlich: Obwohl ihr Ruf aus allen Ecken ertönte, waren die Männchen
kaum einmal auszumachen. Nach etwa zweistündiger Suche hatten wir insgesamt nur
drei Individuen gefunden, die sich dann immerhin bereitwillig fotografieren
ließen. Der Iberische Schlammtaucher wurde erst vor etwas mehr als 20 Jahren vom
Westlichen Schlammtaucher (Pelodytes
punctatus) abgetrennt und als eigene Art beschrieben (Sanchez-Herraiz
et al. 2000). Der exakte Verlauf der Arelagrenze zwischen den beiden sehr
ähnlichen Arten ist bis heute nicht genau bekannt. Ein netter „Beifang“, den wir
nicht auf dem Schirm hatten, waren einige Exemplare des Iberischen
Scheibenzünglers (Discoglossus galganoi). Später in der Nacht suchten wir bei
zwischenzeitlich allerdings trocken-kalter Witterung nochmals den
Feuersalamander-Spot auf und leuchteten die Bachufer und Hangbereiche ab. Es war
allerdings nichts zu machen, die ungünstige Witterung erlaubte uns leider keinen
Nachweis.
Offenes Deponiegelände mit zahlreichen Flachgewässern, Lebensraum des Iberischen Schlammtauchers und der Hufeisennatter.
Adulte, prächtig gefärbte Hufeisennatter (Hemorrhois hippocrepis).
Hufeisennatter im Habitat.
An dieser Böschung fand sich ein zweites Exemplar der Hufeisennatter.
Auch der Europäische Halbfinger (Hemidactylus turcicus) kam auf dem Deponiegelände vor.
Nächtliche Beobachtung des Iberischen Schlammtauchers (Pelodytes ibericus).
Iberischer Schlammtaucher unter Wasser in einer der zahlreichen Pfützen.
Charakteristische Laichschnüre des Iberischen Schlammtauchers.
Interessanter Beifang: Der Iberische Scheibenzüngler (Discoglossus galganoi).
Detailblick auf das durch Befahrung verdichtete Deponiegelände mit zahlreichen Pfützen und Flachgewässern.
Außerordentlich farbenfrohe Skolopender (Scolopendra cf. cingulata) fanden sich unter Steinen.
Landschaft und Habitat der Südiberischen Mauereidechse.
Sich sonnende Südiberische Mauereidechse.
Dieses Exemplar der Südiberischen Mauereidechse versteckt sich in einer der zahlreichen Spalten der Korkeiche.
Bachtobel als Reproduktionshabitat des Feuersalamanders.
Junglarve des Feuersalamanders.
Sich sonnendes Exemplar der Westlichen Erzschleiche (Chalcides striatus) im extensiv bewirtschafteten Kulturland.
Die Westliche Erzschleiche in Aufsicht.
Diese Vipernatter (Natrix maura) fanden wir ruhend unter einem Stein.
Aufsicht auf die Vipernatter.
Manilva - Baños romanos de la Hedionda
Anschließend fuhren wir über die
Autobahn einige Kilometer in Richtung Flughafen, hielten jedoch auf Höhe von
Manilva nochmals, um dort entlang eines Baches zu suchen. Gleich zu Beginn stieg
uns ein komischer Geruch in die Nase und wir vermuteten, dass die Spanier hier
ihre Abwässer in den Bach einleiten. Komischerweise begegneten uns auf dem
bachbegleitenden Weg regelmäßig wenig bekleidete Menschen mit Handtüchern. „Die
werden doch nicht in dieser Brühe baden?!“, dachten wir uns. Wir folgten dem Weg
weiter und entdeckten Thermengebäude und Sitzbänke. Der unangenehme Geruch wurde
nun immer stärker und plötzlich verstanden wir, dass es sich um Schwefelquellen
handelte, deren wohl heilende Wirkung die Menschen anzog. Glücklicherweise
fühlten sich nicht nur die Menschen davon angezogen, sondern auch die Maurische
Bachschildkröte (Mauremys leprosa),
von der sich einige Tiere am Ufer sonnten. Sie ist die Schwesterart der in
Südosteuropa vorkommenden Balkan-Bachschildkröte (Mauremys
rivulata) und in Südfrankreich, auf der Iberischen Halbinsel sowie in
Nordwestafrika verbreitet (Speybroeck
et al. 2016). Die Tiere hier waren offenbar die regelmäßige Anwesenheit von
Menschen gewohnt, sodass wir uns bis auf wenige Meter nähern konnten. Weitere
hier vorkommende Arten waren Iberischer Wasserfrosch und Iberische
Mauereidechse. Wir wanderten das mittlerweile trockene Bachbett noch etwas
weiter hinauf, als wir plötzlich eine Bewegung in der Uferböschung bemerkten.
Das schlangenartige Tier ließ sich fallen und wollte durch das offene Bachbett
fliehen: Jedoch hatte es seine Rechnung ohne uns gemacht! Es handelte sich um
eine letztjährige Westliche Eidechsennatter (Malpolon
monspessulanus), die sich gegen das Ergreifen mit Bissen heftig zur Wehr
setzte. Westliche und Östliche Eidechsennatter (Malpolon
insignitus) wurden erst auf Grundlage genetischer Untersuchungen zu Beginn
der 2000er-Jahre als eigenständige Arten erkannt (Carranza et al. 2006). Beide Arten
verfügen über ein wirksames Gift, das über die weit hinten im Kiefer stehenden
Giftzähne injiziert werden kann.
Nach dieser letzten Beobachtung
machten wir uns zufrieden zurück auf den Weg zum Flughafen. Trotz der teilweisen
Durststrecke im Doñana-Nationalpark,
die wir primär auf die Trockenheit und fehlende Niederschläge zurückführen,
konnten wir doch zahlreiche Arten für uns teilweise erstmals entdecken und sie
in ihren Lebensräumen dokumentieren. Der herpetologische Hunger war vorerst
gestillt, aber der Appetit auf weitere Trips geweckt!
Blick auf den schwefelhaltigen Bach in den Baños romanos de la Hedionda
Spanische Wasserschildkröten (Mauremys leprosa) waren hier wenig scheu.
Sich sonnendes Exemplar der Spanischen Wasserschildkröte.
Portrait des Iberischen Wasserfroschs (Pelophylax ibericus).
Überraschung zum Schluss: Juveniles Exemplar der Westlichen Eidechsennatter (Malpolon monspessulanus).
Habitat der Westlichen Eidechsennatter.
Artenliste
Deutscher Name |
Wissenschaftlicher Name |
Unterart |
Anzahl |
Feuersalamander |
Salamandra salamandra |
longirostris |
10 L |
Iberische Geburtshelferkröte |
Alytes cisternasii |
|
10 R |
Iberischer Scheibenzüngler |
Discoglossus galganoi |
galganoi |
4 |
Messerfuß |
Pelobates cultripes |
|
2 |
Iberischer Schlammtaucher |
Pelodytes ibericus |
|
50 |
Mittelmeer-Laubfrosch |
Hyla meridionalis |
|
50 R |
Iberischer Wasserfrosch |
Pelophylax perezi |
|
200 |
Spanische Wasserschildkröte |
Mauremys leprosa |
|
10 |
Mauergecko |
Tarentola mauritanica |
|
40 |
Europäischer Halbfinger |
Hemidactylus turcicus |
|
1 |
Europäischer Fransenfinger |
Acanthodactylus
erythrurus |
|
2 |
Algerischer Sandläufer |
Psammodromus algirus |
|
15 |
Westiberischer Sandläufer |
Psammodromus
occidentalis |
|
20 |
Südiberische Mauereidechse |
Podarcis vaucheri |
|
11 |
Carbonell-Mauereidechse |
Podarcis carbonelli |
|
10 |
Iberischer Walzenskink |
Chalcides bedriagai |
cobosi |
5 |
Westliche Erzschleiche |
Chalcides striatus |
|
2 |
Südwestiberische Netzwühle |
Blanus mariae |
|
1
H |
Hufeisennatter |
Hemorrhois hippocrepis |
|
2
+ 1 T |
Treppennatter |
Rhinechis scalaris |
|
1 |
Iberische Kapuzennatter |
Macrotopodon brevis |
ibericus |
2 |
Vipernatter |
Natrix maura |
|
1 |
Westliche Eidechsennatter |
Malpolon monspessulanus |
|
1 |
Artenzahl |
|
23 |
R = Rufer, L = Larve, H = Haut, T = Totfund
Literatur
Carranza, S., Arnold E. N. & J. M. Pleguezuelos (2006): Phylogeny, biogeography, and evolution
of two Mediterranean snakes, Malpolon
monspessulanus and Hemorrhois
hippocrepis (Squamata, Colubridae), using mtDNA sequences. - Molecular
Phylogenetics and Evolution 40 (2): 532-546.
Langner, C. (2019): Die Gattung
Blanus - Doppelschleichen in Europa
und rund ums Mittelmeer.
- elaphe 2019 (6): 22-27.
Sanchez-Herraiz, M. J., Barbadillo, L. J., Machordom, A. & B. Sanchiz
(2000): A new species of pelodytid frog from the Iberian Penninsula. -
Herpetologica 56: 105-188.
Speybroeck, J., Beukema, W.,
Bok, B. & J. van der Voort (2016): Field
Guide to the Amphibians and Reptiles of Britain and Europe. - Bloomsbury, 432 S.