Bombina variegata (Gelbbauchunke) (Linnaeus, 1758)
Verbreitung in Deutschland: Bombina variegata ist ausschließlich in Süd- und Mitteldeutschland verbreitet, im Norden fehlt sie ganz. Die nördliche Verbreitungsgrenze verläuft durch Thüringen, das südliche Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Hier am Rande ihrer Verbreitung sind die Vorkommen meist zersplittert und isoliert, in Richtung Süden wird das Verbreitungsbild dann immer zusammenhängender (Genthner & Hölzinger 2007). Schwerpunktvorkommen befinden sich in Baden-Württemberg außerhalb der Hochlagen, in Rheinland-Pfalz (Westerwald, Nordpfälzer Bergland, Haardtrand) und in Bayern (Donauniederung, Alpenvorland) (Online). Bundesweit gilt die Art als stark gefährdet (Kühnel et al. 2009).
Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Gelbbauchunke ist in Baden-Württemberg weit verbreitet und außerhalb der Mittelgebirge (Schwarzwald und Schwäbische Alb) überall anzutreffen. Verbreitungsschwerpunkte sind hierbei die Oberrheinebene, der Kraichgau, das Albvorland, die Keuperwaldberge und Bereiche von Oberschwaben (Donautal, Bodenseebecken). Hier bestehen allerdings auch größere Verbreitungslücken, etwa im württembergischen Allgäu (Genthner & Hölzinger 2007). Einen landesweit bedeutsamen Verbreitungsschwerpunkt besitzt die Art in den Waldlandschaften des Schönbuchs (Regierungspräsidium Tübingen 2015). Im Bereich der Stadt Stuttgart ist die Gelbbauchunke ebenfalls in den Waldgebieten beheimatet, jedoch im Laufe der vergangenen Jahrzehnte stark zurückgegangen (Quetz 2002). Im Landkreis Böblingen wurde sie Anfang der 1990er-Jahre noch als ungefährdet eingestuft, was damals ebenfalls auf die großen Populationen der Waldgebiete Glemswald und Schönbuch zurückgeführt wurde (Rimpp 1992).
Habitatansprüche: Auch B. variegata war ehemals eine Art der natürlichen Flussauen, die temporäre Überschwemmungszonen zur Reproduktion nutzte. Ebenso dürfte B. variegata in großräumig beweideten Landschaften (Megaherbivoren) zahlreiche Reproduktionsmöglichkeiten in Form von Suhlen, kleinen Quellaustritten und weiteren Vernässungsstellen im Offenland gefunden haben. Da diese Habitate heutzutage prinzipiell nicht mehr existieren, weicht die Gelbbauchunke vermehrt auf Sekundärlebensräume wie Standortübungsplätze, Kiesgruben oder Steinbrüche aus. Weitere geeignete Habitate findet die Art innerhalb von Wäldern in besonnten Fahrrinnen und Wegrandgräben. Nur mehr selten findet B. variegata geeignete Reproduktionsgewässer in der offenen Kulturlandschaft, etwa in überschwemmten Wiesen und Äckern, in temporär Wasser führenden Gräben oder in Quellaustritten im beweideten Grünland. Zur Reproduktion müssen die Gewässer von temporärem Charakter, gut besonnt, von geringem Bewuchs und prädatorenarm sein (Genthner & Hölzinger 2007). Hierbei geht die Spezialisierung der Gelbbauchunke so weit, dass bereits im zweiten Jahr nach Anlage bzw. Entstehen des Gewässers der Reproduktionserfolg stark abnimmt. Die Art ist damit auf ein ständiges Neuentstehen geeigneter Reproduktionsgewässer angewiesen (Dieterich & Schrell 2022).
Gefährdung/Schutz: RL BW: Stark gefährdet (Laufer & Waitzmann 2020). Die Gelbbauchunke ist in Baden-Württemberg stark gefährdet, da die oben beschriebenen Habitate und Reproduktionsgewässer in der heutigen Kulturlandschaft kaum noch vorhanden sind und noch seltener neu entstehen. Die Art ist zudem auf eine gute Vernetzung ihrer Habitate angewiesen. Zum Schutz der Gelbbauchunke müssen fortlaufend, z. B. durch Einsatz schwerer Forstmaschinen und Verzicht auf Befestigung von Rückegassen mit Schotter, neue temporäre Klein- und Kleinstgewässer geschaffen werden. Dies funktioniert am besten auf den Rückegassen selbst durch regelmäßige Verdichtung und Verzicht auf den Einsatz von Reisigmatratzen (Dieterich & Schrell 2022). Ähnlich wie bei Kreuz- und Wechselkröte sollten auch für diese Art aus der Nutzung genommene Kiesgruben und Steinbrüche nicht verfüllt oder rekultiviert werden, sondern durch Pflegemaßnahmen (Abschieben von Oberboden, Befahren, Beweidung) offen gehalten werden. Auch während des Abbaus sollten immer Rückzugsbereiche vorhanden sein, in denen temporäre Gewässer entstehen und zumindest über eine Vegetationsperiode existieren können. Ein weiterer Schwerpunkt sollte in der Renaturierung von Auenlandschaften durch Dynamisierung der Fließgewässer und Wiedervernässung drainierten Grünlands liegen. Da die Gelbbauchunke in Baden-Württemberg einen Verbreitungsschwerpunkt besitzt, hat das Land eine besonders hohe Schutzverantwortung für den Erhalt dieser Art. Sie ist die einzige Amphibienart in Baden-Württemberg, für die eine besonders hohe Schutzverantwortung festgestellt wurde. Als FFH-Art der Anhänge II und IV genießt B. variegata außerdem europäischen Schutz. Durch Aufnahme in den Anhang II der FFH-Richtlinie müssen FFH-Gebiete für den Erhalt dieser Art ausgewiesen und Maßnahmen zur Förderung der Bestände durchgeführt werden. Darüber hinaus ist die Gelbbauchunke natürlich auch außerhalb der FFH-Gebiete in der Eingriffsplanung zu berücksichtigen.
Eignung als Indikatorart: B. variegata ist ein guter Indikator für temporäre, besonnte und prädatorenarme Kleingewässer und für naturnahe erhaltene Flussauen.
Bestimmung: Aufgrund der gelbschwarzen Bauchseite unverwechselbare Art. Der verhältnismäßig große Laich wird in kleinen Ballen oder Klümpchen zu je 2-30 Eiern abgelegt. Die Larven verfügen in jüngeren Stadien über einen durchsichtigen Rand. Der Schwanz endet stumpf und ist von einer dunkel gefleckten Netzstruktur durchzogen. Ähnlich sind teilweise die Larven des Grasfroschs (Rana temporaria), die allerdings über keine Netzstruktur im Schwanz verfügen.
Quellen für diese Seite:
Dieterich, M. & F. Schrell (2022): Entwicklung nachhaltiger Schutzkonzepte für die Gelbbauchunke (Bombina variegata L.) in Wirtschaftswäldern. - Hrsg. Deutsche Bundesstiftung Umwelt, 42 S.
Genthner, H. & J. Hölzinger (2007): Gelbbauchunke - Bombina variegata (Linnaeus, 1758). In: Laufer, H.; Fritz, K. & P. Sowig (Hrsg.): Die Reptilien und Amphibien Baden-Württembergs. Ulmer Verlag (Stuttgart), 271-292.
Kühnel, K.-D.; Geiger, A.; Laufer, H.; Podloucky, R. & M. Schlüpmann (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Lurche (Amphibia) und Kriechtiere (Reptilia) Deutschlands [Stand Dezember 2008]. In: Haupt, H.; Ludwig, G.; Gruttke, H.; Binot-Hafke, M.; Otto, C. & A. Pauly (Red.) (2009): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz: Naturschutz und biologische Vielfalt 70 (1).
Laufer, H. & M. Waitzmann (2020): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs. 4. Fassung. Stand 31.12.2020. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 16.
Quetz, P.-C. (2002): Die Amphibien und Reptilien in Stuttgart - Verbreitung, Gefährdung und Schutz. - Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz Stuttgart 1, 296 S.
Regierungspräsidium Tübingen (Hrsg.) (2015): Managementplan für das FFH-Gebiet 7420-341 "Schönbuch" und das Vogelschutzgebiet 7420-441 "Schönbuch" bearbeitet von ARGE "INA Südwest/Trautner", 356 S.
Rimpp, K. (1992): Amphibien und Reptilien im Schönbuch und Gäu. In: Schubert, W. (Hrsg.): Die Tierwelt in Schönbuch und Gäu – Die Wirbeltiere und ihr Schutz: 155–178. – Natur-Rems-Murr-Verlag (Remshalden-Buoch).
Gelbbauchunke (Bombina variegata) in einem Überschwemmungsbereich der Schaich-Aue im Albvorland (NSG Schaichtal), Mai 2008.
Pärchen der Gelbbauchunke im Amplexus im Albvorland (Ammerbuch-Entringen), Mai 2022.
Subadulte Gelbbauchunke in einer Pfütze treibend im Albvorland (Neuenhaus), Juli 2015.
So genannte Kahnstellung (Abwehrstellung) der Gelbbauchunke im Albvorland (Dettenhausen), April 2008.
Fast fertig entwickelte Larve der Gelbbauchunke in einer Fahrspur im Albvorland (NSG Schaichtal), September 2008.
Kaulquappe von B. variegata in einem Kiesgrubengewässer in Oberschwaben (Baltringen), September 2010.
Die Entwicklung der Gelbbauchunke ist häufig ein Wettlauf mit der Zeit: In dieser austrocknenden Pfütze stehen zahlreiche Kaulquappen kurz vor der Umwandlung, einige haben sie bereits vollzogen, Oberschwaben (Baltringen), August 2015.
Laich der Gelbbauchunke in einem neu angelegten Flachgewässer in Oberschwaben (Baltringen), Mai 2015.
Dieses auch von der Kreuzkröte besiedelte Gewässer in Oberschwaben (Baltringen) wird auch von der Gelbbauchunke zur Reproduktion genutzt.
Sporadisch befahrener Feldweg mit großen Pfützen als Reproduktionsstätten der Gelbbauchunke in Oberschwaben (Baltringen).
Typisches wegbegleitendes Rinnsal im Rammert im Albvorland (Hemmendorf) als Reproduktionshabitat für die Gelbbauchunke.
Reproduktionsgewässer von B. variegata in einer Tongrube in den Oberen Gäuen (Weilen).
Fahrspuren nach winterlichen Waldarbeiten im Albvorland (Dettenhausen), ebenfalls Reproduktionsgewässer der Gelbbauchunke.
Voll besonntes Kleingewässer in einem Steinbruch bei Heilbronn als Reproduktionsgewässer der Gelbbauchunke.
Natürliches Reproduktionshabitat der Gelbbauchunke im Schönbuch (Dettenhausen), eine voll besonnte Pfütze in einem Wurzelteller.
Quellsumpf in einer Hangrutschung am Albtrauf (NSG Mössinger Bergrutsch); natürliches Reproduktionshabitat der Gelbbauchunke.
Fahrspuren in einem neu angelegten Steinbruch im Schönbuch (Dettenhausen), klassisches Habitat der Gelbbauchunke.
Schematische Verbreitung von B. variegata in Baden-Württemberg:
Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen
Graue Bereiche: Verbreitungslücken
Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020
Salamandra atra, Salamandra salamandra, Ichthyosaura alpestris, Triturus cristatus, Lissotriton helveticus, Lissotriton vulgaris, Alytes obstetricans, Bombina variegata, Bufo bufo, Epidalea calamita, Bufotes viridis, Pelobates fuscus, Hyla arborea, Rana temporaria, Rana dalmatina, Rana arvalis, Pelophylax esculentus, Pelophylax lessonae, Pelophylax ridibundus