Leptidea sinapis/juvernica (Leguminosen-Weißlinge) (Linnaeus, 1758/Williams, 1946)

Verbreitung in Deutschland: Leptidea sinapis/juvernica sind in fast ganz Deutschland verbreitet und gelten nur in Schleswig-Holstein als ausgestorben (Settele et al. 2005). Allerdings existieren im nördlichen Deutschland sehr große Verbreitungslücken, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und im nördlichen Sachsen-Anhalt. Eine weitere Verbreitungslücke besteht im Voralpinen Moor- und Hügelland Bayerns und Baden-Württembergs (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit kann die Gefährdungslage des Artenpaares aufgrund der weitgehend unbekannten Verbreitung der beiden Arten nicht eingeschätzt werden (Datenlage defizitär) (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Leguminosen-Weißlinge können in ganz Baden-Württemberg angetroffen werden. Deutliche Fundhäufungen bestehen am Oberrhein, im Kraichgau, im Tauberland und auf der Schwäbischen Alb. Wenige Nachweise existieren dagegen im Schwarzwald und in Oberschwaben, wo im nördlichen Bereich wohl eine echte Verbreitungslücke besteht (Ebert & Rennwald 1991a). Am südlichen Oberrhein und im Südschwarzwald sind nach neueren Erkenntnissen offenbar beide Art relativ gut vertreten (Imbeck-Löffler 2017). In aktuellen Fundortkarten (Online) finden sich landesweit relativ viele Nachweise von L. sinapis und nur relativ wenige von L. juvernica. Es muss allerdings offen bleiben, ob alle als L. sinapis klassifizierten Individuen tatsächlich genitalbestimmt wurden.

Habitatansprüche: L. sinapis/juvernica sind auf Halbtrockenrasen, waldnahen Magerwiesen, an strukturreichen Waldrändern, auf Kahlhieben und Waldschneisen anzutreffen. Daneben kommen die Arten jedoch auch an Böschungen, in Steinbrüchen und Kiesgruben sowie auf Brachen vor. Die Larven entwickeln sich an verschiedenen Fabaceen wie Gewöhnlichem Hornklee (Lotus corniculatus), Bunter Kronwicke (Coronilla varia) oder Vogel-Wicke (Vicia cracca) (Ebert & Rennwald 1991a). Am Spitzberg bei Tübingen wurde die Einnischung der beiden Arten untersucht: Während L. juvernica mehr im mesophilen Grünland anzutreffen war, bevorzugte L. sinapis Magerrasen, trockene Waldränder und Streuobstwiesen (Gottschalk et al. 2022).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vorwarnliste (Ebert et al. 2005). L. sinapis/juvernica stehen in Baden-Württemberg auf der Vorwarnliste, da ihre bevorzugten Habitate (magere Wiesen und Saumbereiche) durch Nutzungsintensivierung immer mehr verschwinden. L. sinapis ist äußerlich nicht von der erst 2011 als in Baden-Württemberg vorkommend erachteten (im Gegensatz zu der wohl ausschließlich südeuropäisch verbreiteten Leptidea reali) Leptidea juvernica zu unterscheiden (Online), weshalb auch die oben getroffenen Verbreitungs- und Habitatangaben aus Beobachtungen beider Arten entstanden. Ob sich das Artenpaar auch ökologisch unterscheidet, ist bisher nicht endgültig geklärt. L. juvernica ist außerdem von L. reali nicht einmal anhand der Genitalien zu unterscheiden, die Abtrennung erfolgte allein auf genetischer Basis (Dinca et al. 2011).

Eignung als Indikatorart: L. sinapis/juvernica können als Indikatorarten magerer Wiesen und Säume gelten.

Bestimmung: Die Artbestimmung des Artenpaares L. sinapis/juvernica ist nur mittels Genitalpräparation möglich. Von anderen Weißling-Arten sind sie aufgrund ihrer geringen Größe sowie Form und Färbung der Flügel einfach zu unterscheiden.

Quellen für diese Seite:

Dinca, V., Lukhtanov, V.A., Talavera, G. & R. Vila (2011): Unexpected layers of cryptic diversity in wood white Leptidea butterflies. — Nature Communications 2 Article number: 324 DOI: 10.1038/ncomms1329 Published 24 May 2011.

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991a): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1, Tagfalter 1. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 552 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Gottschalk, T., Hinneberg, H., Freese-Hager, A. & M. Dolek (2022): Einnischung von Leptidea sinapis und Leptidea juvernica am Spitzberg bei Tübingen. - Carolinea 80: 37-45.

Imbeck-Löffler, P. (2017): Tagfalter und Widderchen der Region Basel. - Reihe "Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel-Landschaft", Band 101, Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal, 592 S.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

 

Ein Leguminosen-Weißling (Leptidea sinapis/juvernica) im Albvorland (NSG Schaichtal), August 2008.

 

Frischer L. sinapis/juvernica auf einer Magerwiese im Albvorland (Holzgerlingen), April 2011.

 

Weiterer Leguminosen-Weißling von der Schwäbischen Alb (Mahlstetten), Juli 2011.

 

Charakteristisches Habitat der Leguminosen-Weißlinge im Wald, ein breiter, unregelmäßig gemulchter Waldwegsaum.

 

Schematische Verbreitung von L. sinapis/juvernica in Baden-Württemberg:

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Anthocharis cardamines, Pieris brassicae, Pieris rapae, Pieris napi, Pieris mannii, Pontia edusa, Colias alfacariensis, Colias hyale, Colias palaeno, Colias croceus, Gonepteryx rhamni, Aporia crataegi, Leptidea juvernica, Leptidea sinapis

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