Nehalennia speciosa (Zwerglibelle) (Charpentier, 1840)

Verbreitung in Deutschland: Nehalennia speciosa ist eine nordöstliche Art, die in Deutschland ihre südwestliche Verbreitungsgrenze erreicht. Vorkommen existieren in Nordost-Deutschland und in Süddeutschland (Baden-Württemberg und Bayern) (Dijkstra & Lewington 2006). In Bayern ist die überwiegende Mehrheit der 22 bekannt gewordenen Populationen im Alpenvorland anzutreffen (Kuhn & Börzsöny 1998). Deutschlandweit gilt die Art als vom Aussterben bedroht (Ott et al. 2015).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Zwerglibelle reproduziert aktuell nur in wenigen Populationen in größeren Moorkomplexen des württembergischen Allgäus. Weitere ehemals bekannte Vorkommen im Federseebecken und auf der Halbinsel Mettnau sind höchstwahrscheinlich nicht mehr existent (Hunger et al. 2006). Die Art gehört damit zu den seltensten Libellen Baden-Württembergs.

Habitatansprüche: N. speciosa ist höchst anspruchsvoll bezüglich der Wahl ihres Lebensraums (Hunger et al. 2006, Sternberg & Buchwald 1999). Besiedelt werden ausschließlich überflutete Bereiche von Seggenriedern, Schlenken, aufgelassenen Torfstichen und Uferzonen von Moorseen. Hier sind es wiederum vor allem Seggensümpfe mit rasigem Wuchs und konstant niedrigem Wasserstand, die bevorzugt besiedelt und zur Reproduktion genutzt werden (Hunger et al. 2006, Kuhn & Börzsöny 1998, Sternberg & Buchwald 1999).

Gefährdung/Schutz: RL BW: Vom Aussterben bedroht (Hunger & Schiel 2006). Allein schon aufgrund ihrer extremen Seltenheit und ihrer spezifischen Habitatansprüche ist die Zwerglibelle vom Aussterben bedroht. Die besiedelten Habitate, die in den vergangenen Jahrhunderten einen starken Schwund auf winzige Reste erfahren mussten, sind in heutiger Zeit durch Störung des Wasserhaushalts und den Klimawandel extrem gefährdet. Hinzu kommen Eutrophierung und Sukzession, begünstigt durch umgebende intensive Landwirtschaft und Drainagierung. Großflächige Isolation der Vorkommen schränkt den Genaustausch zwischen den Populationen ein, auch wenn Neubesiedlungen durch die standorttreue Libellenart möglich und auch nachgewiesen sind (Burbach & Schiel 2004). Die größte Herausforderung beim Schutz von N. speciosa ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines funktionierenden Wasserhaushalts in den Moorgebieten. Allein hierdurch können die Entwicklungsgewässer - auch ohne jegliche Pflegemaßnahmen - in einem günstigen Zustand erhalten werden.

Eignung als Indikatorart: N. speciosa ist ein sehr guter Indikator für Moorgewässer mit intaktem Wasserhaushalt.

Bestimmung: Sehr kleine Libelle, die vor allem mit der Kleinen Pechlibelle (Ischnura pumilio) verwechselt werden kann. Im Gegensatz zu dieser verfügt die Zwerglibelle aber über eine grünliche Grundfarbe und über sehr kurze Flügel. Aufgrund der Seltenheit der Art sollten Nachweise unbedingt mittels Fotobeleg abgesichert werden.

Quellen für diese Seite:

Burbach, K. & F.-J. Schiel (2004): Beobachtungen zur Ausbreitungsfähigkeit von Nehalennia speciosa (Odonata: Coenagrionidae). - Libellula 23 (3): 115-126.

Dijkstra, K.-D. B. & R. Lewington (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. - British Wildlife Publishing (Gillingham), 320 S.

Hunger, H. & F.-J. Schiel (2006): Rote Liste der Libellen Baden-Württembergs und der Naturräume, Stand November 2005 (Odonata). – Libellula Supplement 7: 3-14.

Hunger, H., F.-J. Schiel & B. Kunz (2006): Verbreitung und Phänologie der Libellen Baden-Württembergs (Odonata). – Libellula Supplement 7: 15-184.

Kuhn, J. & L. Börzsöny (1998): Zwerglibelle - Nehalennia speciosa (Charpentier 1840). In: Kuhn, K. & K. Burbach (Hrsg.): Libellen in Bayern. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 106-107.

Ott, J.; Conze, K.-J.; Günther, A.; Lohr, M.; Mauersberger, R.; Roland, H.-J. & F. Suhling (2015): Rote Liste und Gesamtartenliste der Libellen Deutschlands mit Analyse der Verantwortlichkeit, dritte Fassung, Stand Anfang 2012 (Odonata). - Libellula Supplement 14, 395-422.

Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.) (1999): Die Libellen Baden-Württembergs – Band 1, Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera). – Ulmer-Verlag (Stuttgart), 468 S.

 

Männchen der Zwerglibelle (Nehalennia speciosa) in einem Seggensumpf im württembergischen Allgäu, Juli 2013.

 

Weibchen der Zwerglibelle aus dem württembergischen Allgäu, Juli 2013

 

Charakteristisches Habitat von N. speciosa im württembergischen Allgäu; flach überflutete Seggensümpfe mit rasiger Vegetation.

 

Schematische Verbreitung von N. speciosa in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Graue Bereiche: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2021

Calopteryx splendens, Calopteryx virgo, Lestes barbarus, Lestes dryas, Lestes sponsa, Lestes virens, Chalcolestes viridis, Sympecma fusca, Sympecma paedisca, Platycnemis pennipes, Ceriagrion tenellum, Coenagrium hastulatum, Coenagrion lunulatum, Coenagrion mercuriale, Coenagrion ornatum, Coenagrion puella, Coenagrion pulchellum, Coenagrion scitulum, Enallagma cyathigerum, Erythromma lindenii, Erythromma najas, Erythromma viridulum, Ischnura elegans, Ischnura pumilio, Nehalennia speciosa, Pyrrhosoma nymphula                                         

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