Melitaea aurelia (Ehrenpreis-Scheckenfalter) (Nickerl, 1850)

Verbreitung in Deutschland: Melitaea aurelia ist vor allem im südlichen Deutschland verbreitet und fehlt aktuell in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein. In weiteren nördlichen Bundesländern (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt) ist die Art vom Aussterben bedroht (Settele et al. 2005). Linksrheinisch ist der Ehrenpreis-Scheckenfalter in den Kalkgebieten von der Nordeifel (Nordrhein-Westfalen) bis zum Bliesgau (Saarland) und ins Saar-Nahe-Bergland (Rheinlandpfalz) verbreitet. Deutsche Vorkommensschwerpunkte sind Thüringen, die Kalkgebiete Bayerns (Rhön, Mainfränkische Platten, Frankenalb) und die Schwäbische Alb (Reinhardt et al. 2020). Bundesweit steht M. aurelia aktuell auf der Vorwarnliste (Reinhardt & Bolz 2011).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Der Ehrenpreis-Scheckenfalter ist vor allem auf der Schwäbischen Alb bis zur Baar- und Hegaualb und wieder im Tauberland verbreitet (Ebert & Rennwald 1991a). Die (ehemaligen) Vorkommen in der Bergstraße, den nördlichen Oberen Gäuen und im Kraichgau können aktuell nicht mehr bestätigt werden (Online). Auch zahlreiche Populationen auf der Baar und im Südteil der Oberen Gäue sind seit längerer Zeit ohne Wiedernachweis.

Habitatansprüche: Ähnlich wie der Östliche Scheckenfalter (Melitaea britomartis) ist M. aurelia eine Magerrasen-Art, die primär auf den Wacholderheiden und Kalk-Magerrasen der Alb und des Tauberlandes anzutreffen ist. Die Raupe frisst vornehmlich an Wegerich-Arten (Plantago spp.), jedoch auch am namensgebenden Ehrenpreis (Veronica spp.) (Ebert & Rennwald 1991a). Im Vergleich zu M. britomartis ist der Ehrenpreis-Scheckenfalter deutlich anspruchsvoller bezüglich der Habitatwahl und benötigt offene und xerotherme, flachgründige Halbtrockenrasen und Wacholderheiden, weshalb die Art auf der Schwäbischen Alb meist auch deutlich weniger stetig und individuenärmer als der Östliche Scheckenfalter auftritt.

Gefährdung/Schutz: RL BW: Gefährdet (Ebert et al. 2005). Die Art reagiert empfindlich auf das Brachfallen der Magerrasen mit anschließender Verfilzung und Sukzession. Deshalb ist M. aurelia aktuell in Baden-Württemberg gefährdet. Zum Schutz der Art muss eine extensive Bewirtschaftung (Beweidung) der Magerrasen-Standorte aufrecht erhalten werden. Diese darf nicht zu spät im Jahr erfolgen und auch nicht zu extensiv sein (z. B. nur einmalige Beweidung), da ansonsten zu Habitate zu stark verfilzen.

Eignung als Indikatorart: M. aurelia ist ein guter Indikator für intakte, extensiv genutzte Kalk-Magerrasen.

Quellen für diese Seite:

Ebert, G. & E. Rennwald (Hrsg.) (1991a): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 1, Tagfalter 1. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 552 S.

Ebert, G., Hofmann, A., Meineke, J.-U., Steiner, A., R. trusch (2005): Rote Liste der Schmetterlinge (Macrolepidoptera) Baden-Württembergs (3. Fassung). In: Ebert, G. (Hrsg.): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs. Band 10, Ergänzungsband. Ulmer-Verlag (Stuttgart), 110-133.

Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtartenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilionoidea et Hesperioidea) Deutschlands. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands - Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). -  Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (3), 167-194.

Reinhardt R., Harpke A., Caspari, S., Dolek, M., Kühn, E., Musche, M., Trusch, R., Wiemers, M. & J. Settele (Hrsg.) (2020): Verbreitungsatlas der Tagfalter und Widderchen Deutschlands. - Ulmer Verlag (Stuttgart), 428 S.

Settele, J., Steiner, R., Reinhardt, R. & R. Feldmann (2005): Schmetterlinge - Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer Verlag (Stuttgart), 256 S.

 

Die in der Tabelle dargestellten Melitaea-Arten sind häufig anhand von Fotos kaum zu unterscheiden. Jedoch gelingt es durch Kombination von Merkmalen und durch Kenntnis von Verbreitung und Lebensraumansprüchen die Arten zumindest in Südwest-Deutschland einigermaßen sicher zu trennen. Recht einfach ist M. diamina von den anderen Arten zu unterscheiden, sie ist fast immer sehr dunkel gefärbt und fliegt verstärkt in feuchteren Habitaten. Ebenfalls gut zu unterscheiden ist M. parthenoides, die sich in ihrer baden-württembergischen Verbreitung nur teilweise mit den anderen Arten überschneidet, fuchsrote Palpen und eine hellrote Flügeloberseite besitzt. M. britomartis zeigt einen charakteristischen flatternden Flug, ist meist die kleinste Melitaea-Art und besitzt auf der Hinterflügel-Unterseite eine meist gut zu erkennende schwarz gefärbte Binde. Am schwierigsten ist die Unterscheidung zwischen M. aurelia und M. athalia. In eher mesophilen Habitaten ist im Normalfall nur mit M. athalia zu rechnen, die allerdings auch auf den von M. aurelia besiedelten Halbtrockenrasen fliegen kann. Im männlichen Geschlecht sind beide Arten kaum zu unterscheiden, auch wenn M. aurelia tendenziell kleiner ist. Im weiblichen Geschlecht dagegen besitzt M. aurelia fuchsrote Palpen und ist deshalb meist gut zu identifizieren (Online).

Art Bevorzugtes Habitat Allgemeine Unterschiede Männchen Weibchen
Melitaea athalia Lichtwaldsituationen, Saumbereiche, Magerwiesen, waldnahe Halbtrockenrasen Recht große Art, Randstreifen zwischen Marginallinien kaum verdunkelt, Marginallinien meist nur schwach ausgeprägt Palpen schwarz Palpen schwarz
Melitaea aurelia Offene Halbtrockenrasen Recht kleine Art, dreieckiges, gleichfarbiges Feld am Analwinkel, Bogenflecken gelblichweiß bis beige Palpen dunkel mit einigen rötlichen Haaren Palpen fuchsrot
Melitaea britomartis Halbtrockenrasen, Böschungen, Brachen Sehr kleine Art, flatternder Flug, stark geschwärzter Randstreifen zwischen Marginallinien, Feld am Analwinkel meist von schwarzer Linie durchbrochen, Bogenflecken weiß Palpen schwarz Palpen schwarz
Melitaea parthenoides Magerwiesen, Halbtrockenrasen Recht große Art, viel Rot auf den Flügeloberseiten mit charakteristischer Zeichnung Palpen fuchsrot Palpen fuchsrot
Melitaea diamina Feuchtwiesen, Lichtwaldsituationen, versaumte Halbtrockenrasen Recht große Art, sehr dunkle Flügelober- und -unterseite, braun gekernte Halbmonde auf Flügelunterseite Palpen meist dunkel Palpen meist dunkel

 

Die folgende Bildübersicht kann ebenfalls bei der Artbestimmung hilfreich sein. Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass gerade die Flügeloberseiten einiger Arten (z. B. Melitaea athalia) sehr variabel sein können und deshalb nur in wenigen Fällen (M. diamina, M. parthenoides) zur Artbestimmung hinzu gezogen werden können. Auch die Flügelunterseiten können nur bei einem Teil der Arten (M. britomartis, M. diamina) entscheidende Merkmale liefern.

Art Flügeloberseite Flügelunterseite
Melitaea athalia                                                                                            
Melitaea aurelia
Melitaea britomartis
Melitaea parthenoides
Melitaea diamina

 

Flügeloberseite eines Männchens des Ehrenpreis-Scheckenfalters (Melitaea aurelia) am Rande der Schwäbischen Alb (Eningen unter Achalm), Mai 2011.

 

Weibchen von M. aurelia auf einem lückigen Halbtrockenrasen auf der Schwäbischen Alb (Oberstetten), Juli 2011.

 

Ruhendes Weibchen des Ehrenpreis-Scheckenfalters auf einer Wacholderheide auf der Schwäbischen Alb (Wasserstetten), Juli 2018.

 

Jungraupengespinst von M. aurelia auf der Schwäbischen Alb (Hayingen) an Mittlerem Wegerich, August 2016.

 

(Larval-)Habitat des Ehrenpreis-Scheckenfalters auf der Schwäbischen Alb (Hayingen), ein schwachwüchsiger, lückiger Halbtrockenrasen.

 

Lückiger, mit Felsen durchsetzter Halbtrockenrasen auf der Schwäbischen Alb (Oberstetten), hier fliegt auch M. aurelia.

 

Diese artenreiche und flachgründige Wacholderheide im Großen Lautertal (Hundersingen) ist ein charakteristisches Habitat von M. aurelia.

 

Schematische Verbreitung von M. aurelia in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Erloschene Vorkommen (letztes Nachweisdatum)

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2022

Aglais io, Aglais urticae, Nymphalis c-album, Nymphalis polychloros, Nymphalis antiopa, Araschnia levana, Vanessa atalanta, Vanessa cardui, Limenitis camilla, Limenitis populi, Limenitis reducta, Apatura iris, Apatura ilia, Argynnis paphia, Argynnis niobe, Argynnis adippe, Argynnis aglaja, Issoria lathonia, Melitaea athalia, Melitaea aurelia, Melitaea britomartis, Melitaea diamina, Melitaea phoebe, Melitaea parthenoides, Melitaea didyma, Melitaea cinxia, Boloria eunomia, Boloria selene, Boloria thore, Boloria titania, Boloria dia, Boloria aquilonaris, Boloria euphrosyne, Brenthis daphne, Brenthis ino, Euphydryas aurinia, Euphydryas maturna

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