Stenobothrus stigmaticus (Kleiner Heidegrashüpfer) (Rambur, 1838)

Verbreitung in Deutschland: Stenobothrus stigmaticus ist in Deutschland in allen Bundesländern nachgewiesen, jedoch keinesfalls flächendeckend verbreitet. Ganz im Gegenteil liegen zahlreiche Vorkommen zerstreut und isoliert. So ist die Art etwa in den Sandgebieten Niedersachsens, im westlichen Brandenburg, im Harz in Sachsen-Anhalt, im Mittelrheingebiet in Rheinland-Pfalz, im thüringisch-fränkischen Mittelgebirge in Thüringen sowie auf der Fränkischen Alb und im Fränkischen Keuper-Lias-Land in Bayern verbreitet (Maas et al. 2002).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Der Kleine Heidegrashüpfer besitzt in Baden-Württemberg meist vereinzelte und weit zerstreute Vorkommen. Allein im südlichen und mittleren Schwarzwald sowie auf der Ostalb ist die Art etwas weiter verbreitet. Wenige Populationen existieren auf der mittleren Albhochfläche. Daneben können aus Oberschwaben derzeit noch zwei Vorkommen (NSG Langenauer Ried im Donaumoos und NSG Wurzacher Ried) bestätigt werden (Bamann 2018). Im Albvorland sind ebenfalls noch zwei Populationen bekannt, wobei diejenige im NSG Eichenhain bei Stuttgart seit längerer Zeit unbestätigt ist, sowie eine weitere bei Heilbronn (Trautner & Simon 1993, Detzel 1998, Detzel 2005).

Habitatansprüche: S. stigmaticus benötigt eine kurzrasige und lückige Vegetationsstruktur, ist dabei jedoch etwas weniger xerothermophil und anspruchsvoll wie Stenobothrus nigromaculatus. Im Schwarzwald besiedelt die Art häufig mit Rindern extensiv beweidete Habitate, die den Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden zuzuordnen sind. Dagegen werden auf der Schwäbischen Alb kurzrasige, schwach produktive Kalk-Magerrasen genutzt, die von Schafen beweidet werden. Strukturell ähnlich sind die entwässerten und schafbeweideten Kalktuffentnahmestellen im Donauried und die bodentrockenen, leicht verfilzten und gut besonnten offenen Torfflächen in den Mooren Oberschwabens (aktuell wohl nur noch NSG Wurzacher Ried). Dass die Art früher möglicherweise auch in Hude- und Mittelwäldern anzutreffen war, belegen reliktäre Vorkommen auf der Heilbronner Waldheide und im NSG Eichenhain (Trautner & Simon 1993, Detzel 2005). Ein weiteres Vorkommen im Albvorland ist ebenfalls von sehr lückiger, bodensaurer Vegetation geprägt, charakteristisch sind hier Calluna vulgaris und Horste von Festuca ovina. Generell zeigen niedrigwüchsige Dominanzbestände von Schafschwingel und Kleinem Habichtskraut (Hieraclum pilosella) häufig geeignete Habitate für die Art an (Detzel 1998).

Gefährdung/Schutz: Stark gefährdet (Detzel et al. 2022). Der Kleine Heidegrashüpfer muss in Baden-Württemberg als stark gefährdet gelten, da die besiedelten Lebensräume durch Aufgabe der Weidenutzung immer kleinräumiger und isolierter werden. Zudem erleidet die Art weitere Lebensraumverluste durch die Aufgabe traditioneller Waldnutzungsformen und das Verschwinden von trockenen und mageren Sonderstandorten durch Überbauung, Nutzungsintensivierung, Sukzession oder Eutrophierung. Zum Schutz von S. stigmaticus müssen unbedingt die Metapopulationsstrukturen in den Hauptverbreitungsräumen Schwarzwald und Schwäbische Alb aufrecht erhalten bzw. wieder hergestellt werden. Dies ist nur über ein großräumiges, extensives Pflegekonzept mit Beweidung durch Rinder und Schafe zu erreichen. Die anderen isolierten Populationen sind abhängig von der Durchführung von Pflegemaßnahmen (Entbuschungen, Entfernen von Oberboden) und ebenfalls von der Durchführung einer extensiven Beweidung. Eine Beweidung muss vergleichsweise intensiv durchgeführt werden, um die kurzrasigen, lückigen Strukturen zu fördern. Hierfür bieten sich ein früher Beweidungsgang bereits im April/Mai und ein bis zwei weitere ab Juli an. Der frühe Beweidungstermin dient dem Verbiss von Gräsern (hauptsächlich Bromus erectus) und der Förderung der Kräuter. Bei späterer Beweidung (etwa im Juli) - wie sie momentan häufig aus Orchideen-Schutzgründen durchgeführt wird - werden die Gräser nach der Blüte nicht mehr befressen und stattdessen die Kräuter selektiv heraus gefressen. Dies hat eine starke Verfilzung der Halbtrockenrasen zur Folge, die für die Biodiversität an diesen Standorten - auch für die Orchideen - sehr abträglich ist.

Eignung als Indikatorart: S. stigmaticus ist ein sehr guter Indikator für kurzrasige, schwach wüchsige und lückige Halbtrockenrasen auf saurem oder kalkreichem Grund.

Bestimmung: Der Kleine Heidegrashüpfer kann mit dem Rotleibigen Grashüpfer (Omocestus haemorrhoidalis) verwechselt werden. Bei O. haemorrhoidalis sind die Halsschild-Seitenkiele jedoch stark nach innen geknickt, während sie bei S. stigmaticus kaum nach innen gebogen sind. Auch die beiden anderen Heidegrashüpferarten können ähnlich aussehen, wobei S. stigmaticus deutlich die kleinste Art ist. Der Gesang des Kleinen Heidegrashüpfers ist sehr leise, kann aber zur Determination verwendet werden.

Quellen für diese Seite:

Bamann, T. (2018): Die Heuschrecken (Orthoptera) der Niedermoore im württembergischen Allgäu. - Articulata 33: 21-46.

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Eugen Ulmer (Stuttgart), 580 S.

Detzel, P. (2005): Die Heuschrecken Stuttgarts - Verbreitung, Gefährdung und Schutz. - Schriftenreihe des Amtes für Umweltschutz 3, 110 S.

Detzel, P.; Neugebauer, H.; Niehues, M. & P. Zimmermann (2022): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Heuschrecken und Fangschrecken Baden-Württembergs. Stand 31.12.2019. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 15, 179 S.

Maas, S.; Detzel, P. & A. Staudt (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands - Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. Schriftreihe des Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn - Bad Godesberg, 401 S.

Trautner, J. & A. Simon (1993): Maßnahmen zum Schutz des Kleinen Heidegrashüpfers Stenobothrus stigmaticus (RAMBOUR, 1838) an einer isolierten Fundstelle bei Heilbronn / Bad.-Württ. - Articulata 8 (2): 63-67.

 

Weibchen des Kleinen Heidegrashüpfers (Stenobothrus stigmaticus) auf einem entwässerten Niedermoorboden mit lückiger Vegetationsstruktur in Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), September 2012.

 

Weibchen von S. stigmaticus auf einem versauerten Halbtrockenrasen auf der Schwäbischen Alb (Schopfloch), Juli 2013.

 

Weiteres Weibchen des Kleinen Heidegrashüpfers auf einem Halbtrockenrasen im Albvorland (Neckartenzlingen), Oktober 2012.

 

Männchen von S. stigmaticus aus Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), September 2012.

 

Weiteres Männchen des Kleinen Heidegrashüpfers auf der Ostalb (Asselfingen), August 2014.

 

Weiteres Männchen des Kleinen Heidegrashüpfers von der Schwäbischen Alb (Schopfloch), Juli 2013.

 

Habitat des Kleinen Heidegrashüpfers auf der Schwäbischen Alb (Schopfloch), ein oberflächig versauerter Halbtrockenrasen.

 

Habitat des Kleinen Heidegrashüpfers in Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), grundwasserbefreite, tuffige Kalkmagerrasen mit zahlreichen Offenbodenstellen auf Niedermoorböden.

 

Bereichsweise kurzrasige Wacholderheide als Habitat des Kleinen Heidegrashüpfers auf der Ostalb (Söhnstetten).

 

Weiteres Habitat von S. stigmaticus im Albvorland (Neckartenzlingen), sehr steiler, bodensaurer Magerrasen mit viel Calluna und Festuca.

 

Ideale Vegetationsstruktur für S. stigmaticus im NSG Langenauer Ried; kurzrasige, magere Vegetation mit Offenbodenstellen.

 

Rinderbeweidete Calluna-Heide im Südschwarzwald (Belchen) als Habitat des Kleinen Heidegrashüpfers.

 

Schematische Verbreitung von S. stigmaticus in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

Mantis religiosa, Polysarcus denticauda, Isophya kraussii, Leptophyes albovittata, Leptophyes punctatissima, Barbitistes serricauda, Phaneroptera falcata, Phaneroptera nana, Meconema meridionale, Meconema thalassinum, Conocephalus fuscus, Conocephalus dorsalis, Ruspolia nitidula, Tettigonia cantans, Tettigonia viridissima, Decticus verrucivorus, Platycleis albopunctata, Tessellana tessellata, Roeseliana roeselii, Bicolorana bicolor, Metrioptera brachyptera, Pholidoptera griseoaptera, Ephippiger ephippiger, Acheta domesticus, Gryllus campestris, Eumodicogryllus bordigalensis, Modicogryllus frontalis, Nemobius sylvestris, Pteronemobius heydenii, Oecanthus pellucens, Myrmecophilus acervorum, Gryllotalpa gryllotalpa, Tetrix ceperoi, Tetrix subulata, Tetrix undulata, Tetrix tenuicornis, Tetrix bipunctata, Podisma pedestris, Miramella alpina, Calliptamus italicus, Oedipoda germanica, Oedipoda caerulescens, Sphingonotus caerulans, Mecostethus parapleurus, Stethophyma grossum, Psophus stridulus, Aiolopus thalassinus, Arcyptera fusca, Chrysochraon dispar, Euthystira brachyptera, Omocestus rufipes, Omocestus viridulus, Omocestus haemorrhoidalis, Stenobothrus lineatus, Stenobothrus nigromaculatus, Stenobothrus stigmaticus, Gomphocerippus rufus, Myrmeleotettix maculatus, Stauroderus scalaris, Chorthippus apricarius, Chorthippus vagans, Chorthippus biguttulus, Chorthippus brunneus, Chorthippus mollis, Chorthippus albomarginatus, Chorthippus dorsatus, Pseudochorthippus montanus, Pseudochorthippus parallelus

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