Omocestus haemorrhoidalis (Rotleibiger Grashüpfer) (Charpentier, 1825)

Verbreitung in Deutschland: Omocestus haemorrhoidalis ist in ganz Deutschland verbreitet und recht gleichmäßig über die Bundesländer verteilt (Maas et al. 2002).

Verbreitung in Baden-Württemberg: Die Art ist aktuell in Baden-Württemberg nur noch sehr verstreut verbreitet. Größere Vorkommen existieren vor allem auf der Ostalb mit vorgelagertem Albvorland (Ipf und Umgebung), im Südschwarzwald sowie am südlichen und nördlichen Oberrhein. Daneben ist O. haemorrhoidalis wahrscheinlich reliktär an wenigen, isolierten Einzelstandorten zu finden, so im Mittleren Schwarzwald, im Mittleren Albvorland (erloschen), im Donaumoos oder auf der Hohen Schwabenalb (Detzel 1998). Das ehemalige Vorkommen im NSG Kochhartgraben bei Tübingen (Reusten) ist aufgrund von Lebensraumverlusten leider ebenfalls erloschen.

Habitatansprüche: O. haemorrhoidalis besiedelt vor allem kurzrasige, xerotherme und lückige Magerrasen. Auf der Schwäbischen Alb sind dies häufig schafbeweidete Kalkmagerrasen, im Südschwarzwald von Rindern beweidete Borstgrasrasen und in der Oberrheinebene Binnendünen, Sandrasen und Silbergrasfluren. Möglicherweise kam die Art früher auch in lichten Nieder- und Mittelwäldern vor (Detzel 1998, Maas et al. 2002). Wichtig für die Art ist die Kombination von niedrigwüchsiger Vegetation und Offenbodenstellen.

Gefährdung/Schutz: Vom Aussterben bedroht (Detzel et al. 2022). Der Rotleibige Grashüpfer ist in Baden-Württemberg vom Aussterben bedroht, da sowohl die Wanderschäferei als auch die Viehhaltung auf den Weidfeldern des Südschwarzwaldes mehr und mehr unrentabel und in der Folge aufgegeben werden. O. haemorrhoidalis verschwindet bereits bei leichter Verfilzung der Grasnarbe und ist zudem wenig ausbreitungsstark. Zum Erhalt der Art müssen großflächig miteinander in Verbindung stehende Magerrasenkomplexe und Weidfelder entsprechend beweidet werden (mindestens drei Beweidungsgänge, einer davon im Frühjahr/Frühsommer), um eine kurzrasige Vegetationsstruktur zu gewährleisten. In einigen Naturschutzgebieten wurde zudem aus Unwissenheit oder zum Schutz von Orchideen die Beweidungsintensität herab gesetzt, was anschließend zum Erlöschen von Populationen von O. haemorrhoidalis und zur Gefährdung zahlreicher weiterer Arten führte. Auf kurzrasige, recht intensiv beweidete Magerrasen sind viele sehr stark gefährdete Arten angewiesen, so etwa Stenobothrus stigmaticus, Stenobothrus nigromaculatus, Myrmeleotettix maculatus und zahlreiche Schmetterlingsarten (Chazara briseis, Hipparchia semele, Maculinea arion, Pyrgus alveus, Pyrgus cirsii, Pyrgus armoricanus).

Eignung als Indikatorart: O. haemorrhoidalis ist ein sehr guter Indikator für kurzrasige, regelmäßig beweidete und recht lückige Magerrasen (Kalkmagerrasen, Borstgrasrasen, Sandrasen).

Bestimmung: Die Determination des Rotleibigen Grashüpfers ist nicht ganz einfach. Der Kleine Heidegrashüpfer und die Gefleckte Keulenschrecke können sehr ähnlich aussehen. Alle drei Arten kommen zudem häufig gemeinsam vor. Bei O. haemorrhoidalis sind die Halsschild-Seitenkiele stark nach innen geknickt, während sie bei S. stigmaticus kaum nach innen gebogen sind. M. maculatus verfügt immer über zumindest leicht verdickte Fühlerkolben. Der Gesang des Rotleibigen Grashüpfers ist sehr leise, sodass er nur bedingt zum Nachweis geeignet ist.

Quellen für diese Seite:

Detzel, P. (1998): Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Eugen Ulmer (Stuttgart), 580 S.

Detzel, P.; Neugebauer, H.; Niehues, M. & P. Zimmermann (2022): Rote Liste und kommentiertes Verzeichnis der Heuschrecken und Fangschrecken Baden-Württembergs. Stand 31.12.2019. - Naturschutz-Praxis Artenschutz 15, 179 S.

Maas, S.; Detzel, P. & A. Staudt (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands - Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. Schriftreihe des Bundesamt für Naturschutz (BfN), Bonn - Bad Godesberg, 401 S.

 

Weibchen des Rotleibigen Grashüpfers (Omocestus haemorrhoidalis) auf einem kurzrasigen Magerrasen auf der Ostalb (NSG Eselsburger Tal), August 2010.

 

Weiteres Weibchen des Rotleibigen Grashüpfers in einem entwässerten Niedermoor in Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), September 2012.

 

Noch ein charakteristisch gefärbtes Weibchen des Rotleibigen Grashüpfers aus Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), September 2014.

 

Dunkel gefärbtes Weibchen des Rotleibigen Grashüpfers aus dem Südschwarzwald (Belchen), Oktober 2016.

 

Männchen von O. haemorrhoidalis aus Oberschwaben (NSG Langenauer Ried), September 2012.

 

Sich sonnende Exemplare des Rotleibigen Grashüpfers in der braunen und grünen Färbungsvariante am nördlichen Oberrhein (Philippsburg), September 2013.

 

Habitat von O. haemorrhoidalis im östlichen Albvorland (NSG Ipf).

 

Habitat auf der Ostalb (NSG Eselsburger Tal).

 

Lückiger, kurzrasiger Magerrasen auf der Riesalb (Bopfingen) als individuenreich besiedeltes Habitat des Buntbäuchigen Grashüpfers.

 

Entwässerte, lückige und schafbeweidete Halbtrockenrasen als wertvolle Habitate für O. haemorrhoidalis und weitere stark gefährdete Arten in Oberschwaben (NSG Langenauer Ried).

 

Lückige Sandrasen am nördlichen Oberrhein (Karlsruhe) sind einer der Hauptvorkommensorte der Art in Baden-Württemberg.

 

Mit Eseln beweidetes NSG Alter Flugplatz am nördlichen Oberrhein (Karlsruhe); Habitat von O. haemorrhoidalis.

 

Extrem lückiges und mageres Grünland am nördlichen Oberrhein (Philippsburg); Habitat von O. haemorrhoidalis.

 

Binnendünnen und sehr lückige Halbtrockenrasen stellen die bevorzugten Habitate von O. haemorrhoidalis dar; hier am nördlichen Oberrhein (Sandweier).

 

Ehemaliges Militärgelände am nördlichen Oberrhein (Schwetzingen), ebenfalls Habitat des Rotleibigen Grashüpfers.

 

Felsige, bereichsweise kurzrasige und lückige Weidfelder werden von O. haemorrhoidalis im Südschwarzwald (Belchen) besiedelt.

 

Ideale Mikrostruktur für O. haemorrhoidalis; magere Vegetation mit hohem Offenbodenanteil.

 

Schematische Verbreitung von O. haemorrhoidalis in Baden-Württemberg:

Dunkelblauer Bereich: Belegte Vorkommen

Grauer Bereich: Ehemalige Vorkommen

Schwarze Punkte: Eigene Nachweise Stand 2020

Mantis religiosa, Polysarcus denticauda, Isophya kraussii, Leptophyes albovittata, Leptophyes punctatissima, Barbitistes serricauda, Phaneroptera falcata, Phaneroptera nana, Meconema meridionale, Meconema thalassinum, Conocephalus fuscus, Conocephalus dorsalis, Ruspolia nitidula, Tettigonia cantans, Tettigonia viridissima, Decticus verrucivorus, Platycleis albopunctata, Tessellana tessellata, Roeseliana roeselii, Bicolorana bicolor, Metrioptera brachyptera, Pholidoptera griseoaptera, Ephippiger ephippiger, Acheta domesticus, Gryllus campestris, Eumodicogryllus bordigalensis, Modicogryllus frontalis, Nemobius sylvestris, Pteronemobius heydenii, Oecanthus pellucens, Myrmecophilus acervorum, Gryllotalpa gryllotalpa, Tetrix ceperoi, Tetrix subulata, Tetrix undulata, Tetrix tenuicornis, Tetrix bipunctata, Podisma pedestris, Miramella alpina, Calliptamus italicus, Oedipoda germanica, Oedipoda caerulescens, Sphingonotus caerulans, Mecostethus parapleurus, Stethophyma grossum, Psophus stridulus, Aiolopus thalassinus, Arcyptera fusca, Chrysochraon dispar, Euthystira brachyptera, Omocestus rufipes, Omocestus viridulus, Omocestus haemorrhoidalis, Stenobothrus lineatus, Stenobothrus nigromaculatus, Stenobothrus stigmaticus, Gomphocerippus rufus, Myrmeleotettix maculatus, Stauroderus scalaris, Chorthippus apricarius, Chorthippus vagans, Chorthippus biguttulus, Chorthippus brunneus, Chorthippus mollis, Chorthippus albomarginatus, Chorthippus dorsatus, Pseudochorthippus montanus, Pseudochorthippus parallelus

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